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Aktion „Ein toller Ort“ - Berliner dankt Pretzschern nach ungewöhnlicher Aktion beim „Herbstputz“

Beim Herbstputz wird ein altes Grab eingeebnet.

Von Marcel Duclaud 02.11.2021, 08:48
Beim Pretzscher Herbstputz ging es diesmal  zu einer eher ungewöhnlichen Aktion  auf den Friedhof.
Beim Pretzscher Herbstputz ging es diesmal zu einer eher ungewöhnlichen Aktion auf den Friedhof. Foto: Axel Porsch

Pretzsch/MZ - Ein Einsatz der eher ungewöhnlichen Art fand jüngst auf dem Friedhof in Pretzsch statt. Im Rahmen des Herbstputzes, zu dem der Ortschaftsrat regelmäßig aufruft, wurde ein Grab eingeebnet - auch deshalb, um Platz zu schaffen für Bestattungen auf der grünen Wiese, die aber nicht komplett anonym erfolgen sollen. „Wir haben das gemacht, damit dort etwas vorwärts geht“, erklärt Ortsbürgermeister Clemens Zugowski.

Das Grab war schon längere Zeit abgelaufen. Seine letzte Ruhe hatte dort Emil Hagen von der einstigen Druckerei Hagen in der Elbstraße gefunden. Dass ihm jetzt derart geholfen wurde, dafür bedankt sich der Berliner Axel Porsch ausdrücklich. Der Drucker Hagen war sein Onkel. Porsch spricht von einer ungewohnten Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit, die ihm in Pretzsch begegnet sei: „Auf dem Land packt man halt gemeinsam an. Als Berliner ist mir diese Form von nachbarschaftlicher Hilfe und Solidarität eher unbekannt. Leider.“

Porsch hatte das Haus seiner Pretzscher Tante geerbt, die er, als sie sehr krank wurde, nach Berlin geholt habe. Auch für das Grab des vor Jahrzehnten verstorbenen Onkels sei er damit zuständig gewesen. Die Beräumung der Grabstelle hätte ihn gegenwärtig finanziell überfordert - um so dankbarer ist der Berliner für den Einsatz der Gemeinschaft.

Dass das eine große Ausnahme sei, betont unterdessen der Ortsbürgermeister, nicht zuletzt deshalb, um weiteren Anfragen vorzubeugen. Er sagt: „Das Grab musste weg, damit dort was passieren kann.“

Axel Porsch war beim Einebnen des Grabes dabei. Der 69-Jährige kommt öfter nach Pretzsch. Um nach dem Haus zu sehen - aber auch, weil er Kindheitserinnerungen mit der kleinen Stadt an der Elbe verbindet. „Ich bin 1952 in der Pretzscher Kirche getauft worden. Ich habe hier Fahrradfahren gelernt.“

Seine aus dem Sudetenland stammende Großmutter, berichtet Porsch, sei nach dem Krieg mit drei Töchtern zunächst in Merschwitz gelandet, später in Pretzsch. Zwei der Töchter seien geblieben - eine habe einen Konditor geheiratet, die andere, die Maßschneiderin war, den Drucker. Pretzsch, so Porsch, der in Westberlin aufwuchs, war für ihn als Kind „ein toller Ort“.