Ein Dank für den «Schubser»
WITTENBERG/MZ. - Quer durch die Republik versucht Gernert Selbsthilfegruppen auf die Beine zu helfen, um das Netzwerk der Neurofibromatose-Patienten zu stärken. Nachdem im vergangenen Jahre seine Lebensgefährtin und Mitstreiterin Annette Byhahn als "Helferin mit Herz" geehrt worden ist, soll nun Gernert ein dickes Lob ausgesprochen bekommen - finden zumindest Bodo und Kornelia Frenzel aus Neubrandenburg, die ihn und erneut Frau Byhahn vorgeschlagen haben. Es soll der Dank dafür sein, dass die beiden auch hier eine Selbsthilfegruppe "angeschubst" haben. 40 000 Betroffene Genau das ist es, was Gernert auch will. Seine Reisen als Botschafter des "Verbundnetz Wärme" nutzt er jedenfalls, um ein paar Samen zu legen und NF-Patienten zusammenzubringen.
So viele gibt es nämlich gar nicht. Etwa 40 000 Betroffene soll es in ganz Deutschland geben, im Landkreis Wittenberg kennt Gernert sechs persönlich. "Einige wissen gar nicht, dass sie diese Krankheit haben, andere scheuen die Öffentlichkeit", sagt Gernert. Der ehemalige Bauarbeiter hat am eigenen Leib erfahren, wie schwer es NF-Patienten gemacht werden kann. Auf der Baustelle wurde er wegen der von gutartigen Tumoren übersäten Haut gemobbt. Ärzte, die die NF nicht erkannten, stempelten ihn zum Simulanten. Helfen hätten sie ihm sowieso nicht können: Die Genkrankheit ist bestenfalls zu lindern, zu heilen ist sie nicht. Gernert selbst hat mit seinen fast 50 Jahren schon rund 1 700 Tumore auf der Haut entfernen lassen. "Wird das gut gemacht, ist an den Nervenbahnen aber wieder Platz für neue", erklärt er.
Zumal niemand so genau weiß, wie viel tausend Knoten sich im Körper schon breit gemacht haben. "Es belastet die Organe, es verursacht Schmerzen", erklärt Gernert. Dass es in der Regel "gutartige" Tumore sind, tröstet ihn wenig. Das sei sowieso eine Einteilung der Ärzte "Für uns Patienten ist jeder gutartige Tumor ein bösartiger", sagt Gernert. Nie könne man wissen, ob und wann einer zum Krebsgeschwür mutiert. Vor zehn Jahren wusste Gernert vieles noch nicht - und suchte Hilfe.
"Unser Ziel ist gar nicht so sehr der medizinische Fortschritt", sagt er, "wir wollen der Umwelt klar machen, dass es für sie nichts Schlimmes ist". Und Gernert will den Patienten helfen. Vor allem auch, den richtigen Arzt zu finden. Zu selten sei die Krankheit, als dass sie von jedem Hausarzt sofort zu erkennen sei. "Unser Ziel ist es, in jedem Bundesland wenigstens einen Facharzt zu kennen", sagt Gernert. Der wird an andere NF-Patienten vermittelt. Und manchmal reicht schon die Broschüre, die Gernert und Byhahn gemeinsam mit der halleschen Humangenetikerin Dorothea Wand erstellt haben.
"Da weiß jeder mit ein paar Blicken, worauf es ankommt." Kein Kaffeekränzchen Internet und Telefon sind dann auch die wichtigsten Arbeitsmittel des Vorsitzenden der Regionalgruppe Sachsen-Anhalt. "Bei Selbsthilfegruppen denken manche ja an Kaffeekränzchen", sagt Gernert, "bei uns geht das schon allein wegen der Entfernungen nicht". Aber man trifft sich. Beim von Gernert und Byhahn organisierten Neurofibromatose-Patiententag in Halle, bei der Vorführung eines Dokumentarfilms über die Krankheit, den Gernert und Byhahn vorangetrieben haben, oder bei einem Selbsthilfetag irgendwo in Deutschland. Auf einen freut sich Gernert schon besonders. Er ist nach Gera in Thüringen eingeladen an den Stand einer NF-Regionalgruppe. Auch eine, die er "angeschubst" hat.