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Politik in Wittenberg Dirk Hoffmann steigt bei AfD aus

Der Wittenberger AfD-Mann der ersten Stunde tritt aus der Partei aus. Gegen ihn läuft ein Ausschlussverfahren. Er spricht von „Mobbing“.

13.04.2021, 09:22

Wittenberg - Steiler Aufstieg, steiler Absturz: Der Mann, der die AfD im Kreis Wittenberg quasi aus der Taufe gehoben hat, der viel für ihre Erfolge getan hat, nimmt Abschied. Der Wittenberger Dirk Hoffmann tritt, wie er am Montag gegenüber der MZ erklärte, zum 1. Mai aus der AfD aus.

Nicht aus politischen Gründen, wie er versichert. Er stehe vielmehr hinter der Linie der Partei, die zumindest zeitweise als Verdachtsfall für den Verfassungsschutz galt. Hoffmann fühlt sich vielmehr „gemobbt“. Er spricht von Machtkämpfen und „Machtklüngel“, von „Opportunisten und Karrieristen“. Hoffmann behauptet: „Ich werde bekämpft.“ Er sagt auch: „Einige handelnde Personen handeln nicht im Interesse der Partei.“

Monatelange Querelen

Sein Austritt ist die Konsequenz aus monatelangen Querelen. Hoffmann, 56 Jahre alt, zwei Kinder, aus der Nähe von Hamburg stammender Versicherungsmakler, der seit Anfang der 1990er Jahre in Wittenberg lebt und arbeitet, ist wie berichtet sowohl aus der AfD-Fraktion im Stadtrat als auch aus der AfD-Fraktion im Kreistag ausgeschlossen worden. Was ihn schmerzt: „Ich bin menschlich sehr enttäuscht“, sagt das noch AfD-Mitglied im Gespräch mit der MZ. Ihm war wie berichtet Egoismus und das Bedürfnis, sich in den Mittelpunkt zu stellen, vorgeworfen worden. Von einem „Störfeuer“ war die Rede, das beendet werden solle.

Abschied gilt nicht Inhalten

Hoffmann selbst bezeichnet solche Vorwürfe als unredlich. „Ich habe meine Aufgabe darin gesehen, mit gutem Beispiel voranzugehen und andere mitzunehmen.“ Er habe im Übrigen auch noch Werbung für die Partei gemacht, als er schon als Kreisvorsitzender abgewählt worden war. Sein Abschied gelte weniger der AfD, die er demnächst auch zu wählen gedenkt - mit der Zweitstimme - als vielmehr einiger ihrer Vertreter auf Landes- und auf regionaler Ebene.

Hoffmann ist bereits 2013 in die AfD gegangen, zuvor war er mal Stadtratskandidat bei den Freien Wählern. Sein Motiv damals: „Ohne Zinsen gibt es keine vernünftige Altersvorsorge.“ Er hielt die Euro-Rettungspolitik für einen schweren Fehler. Der Landesvorstand beauftragte den Wittenberger mit der Gründung eines Kreisverbandes. Damals hatte die Partei nicht mal sieben Mitglieder. Hoffmann wurde Kreisvorsitzender, was er bis 2018 blieb. Er zog in Stadtrat und Kreistag ein, wo er wie erwähnt nun nicht mehr zur AfD-Fraktion gehört.

Außerdem ist ein Parteiausschlussverfahren gegen Dirk Hoffmann angestrengt worden, das nach seinen Worten auch vom Landesverband unterstützt wird. Dem Wittenberger wird parteischädigendes Verhalten vorgeworfen - unter anderem deshalb, weil er im Stadtrat nun in einer gemeinsamen Fraktion mit Heiner Friedrich List (Allianz der Bürger) sitzt, der übrigens ebenfalls mal der AfD-Fraktion angehörte und also in Konkurrenz getreten sei. Hoffmann findet das absurd. „Es geht um Macht und Posten, dafür werden engagierte Leute wie ich herausgedrängt.“

Hoffmann verlässt die AfD nun selbst, weil er sich kaltgestellt fühlt. Bis zum Abschluss des Schiedsverfahrens, das sich wegen der Coronapandemie in die Länge zieht, sind ihm die Mitgliedsrechte entzogen. „Ich stehe zwischen Baum und Borke. Ich bin in einem Zwiespalt.“ Einerseits hält er die Vorwürfe gegen ihn für nicht stichhaltig, zeigt sich überzeugt, das Verfahren zu gewinnen, und würde bis zum Schiedsgericht auf Bundeseben ziehen. Andererseits weiß er, dass er in der hiesigen AfD „kein Bein mehr auf den Boden bekommt. Außerdem sind mir die Hände gebunden durch das Ausschlussverfahren.“ Also tritt Hoffmann, der sich selbst als streitbar bezeichnet, aus.

Lieschke: An der Zeit

In der AfD hält sich das Bedauern offenbar in Grenzen. Gegenspieler Matthias Lieschke, Landtagsabgeordneter und Fraktionschef im Kreis, sagt kurz und bündig: „Das ist konsequent und an der Zeit.“ Er fügt noch hinzu: „Das wird der Partei gut tun.“ Ausführlicher will er sich nicht äußern.

Hoffmann, der mit seinem Auto Werbung für die AfD spazieren fährt, überlegt nun unter anderem, was er mit den Aufklebern auf dem Wagen anstellt. „Vielleicht kommen da einfach rote Kreuze drüber.“ (mz/Marcel Duclaud)