Gut eingestimmt Das Wittenberger Renaissancemusik-Festival steht vor der 16. Auflage

Wittenberg/MZ - Letzte Woche, erzählt der Lautenist Thomas Höhne, da hat er live musiziert und sein Eindruck war der, den viele andere auch haben mögen in diesen Tagen: „Die Leute lechzen danach.“ Ja, nach handgemachter Musik, nach Kultur im Allgemeinen, nach echten Begegnungen.
Aus solchen Zutaten besteht auch das Wittenberger Renaissance Musikfestival. Höhne hat es einst aus der Taufe gehoben, bis heute ist er künstlerischer Leiter und mit der von ihm und Gesine Friedrich gegründeten Wittenberger Hofkapelle gehört er regelmäßig auch zu den Ausführenden. Nun kündigt er die 16. Auflage dieses in Form und Anlage ausgesucht bemerkenswerten Musikfestivals an. Auf die Frage, ob es nicht ein Wagnis ist angesichts der Pandemie, antwortet er, die Unsicherheit sei schon zermürbend. Aber: „Wir waren letztes Jahr mutig und jetzt auch.“
Musikfestival widmet sich „aufregender Zeit“
Stattfinden wird das Festival vom 22. bis 31. Oktober. Anders, als noch im vergangenen Jahr angekündigt, lautet das Motto nicht „Mythen und Märchen“, denn dazu hätte man den Termin wegen geplanter Open-air-Angebote in den wetterbeständigeren September vorverlegen müssen. Höhne hat das Thema nach 2022 geschoben und sich unter der Überschrift „...nun sing und spring ohn alles Leid“ inhaltlich aus Anlass von dessen 400. Todestag nun Michael Praetorius und seiner Zeit zugewandt. Was diese Zeit, die den Übergang von der Renaissance zum Barock markierte, gekennzeichnet hat? Sie war, so Höhne, „aufregend“, politisch, aber auch musikalisch.
Gestaltet wird das Festival erneut von renommierten Ensembles, von denen manches nicht zum ersten Mal beim Festival zu Gast ist: Angekündigt sind die lautten compagney Berlin, die Capella de la Torre, das Praetorius Consort Wittenberg, The Playfords, die einen historischen Tanzball begleiten, das Ensemble 33zwo und die Britin Emma Kerkby. Sie konnte voriges Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht anreisen.
Renommierte Ensembles treten in Wittenberg auf
Bekannte Wittenberger Namen finden sich im Programm, so wird der Schlosskirchenkantor Thomas Herzer ein Konzert bestreiten. Und der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Stefan Rhein, ist im Rahmen einer musikalischen Lesung zu erleben. Thomas Höhne selbst tritt als Solist an der Laute in Erscheinung sowie mit der Wittenberger Hofkapelle, die beispielsweise im Rahmen der „Nacht davor“ zum Ballgeflüster mit Barbara Cranach und Katharina von Bora aufspielt.
Diese „Nacht davor“, gemeint ist vor dem Reformationstag, hat Tradition, ihre Ausführung 2021 indes gehört zu den Neuerungen, denn diesmal soll mit zwei Schauspielerinnen kooperiert werden. Doch ist das nicht das einzige Novum. Stichwort Spielorte: Erstmals findet ein Konzert in der Kapelle im Christine-Bourbeck-Haus (Predigerseminar) statt. Noch nie bei einem Renaissance Musikfestival aufgetreten ist Paolo Pandolfo, der zu den weltweit bekannten Gambisten zählt. Er gastiert zusammen mit dem Lautenisten Thomas C. Boysen im Lutherhaus. Und noch nie gegeben hat es einen Festivalprolog, mit dem Höhne ab September immer sonnabends das künftige Publikum auf das Festival einstimmen will.
Festival zur Renaissance-Musik gibt sich frisch und informativ
Gestartet wird musikalische im 21. Jahrhundert, die Zeitreise endet in der Renaissance. Um dieses ganz neue Format realisieren zu können, haben die Festivalmacher eine Spendenkampagne ins Leben gerufen (siehe auch „Online oder klassisch“). Da noch ungewiss ist, wie viel Geld insoweit zusammenkommt, habe er, Höhne, auch noch keine Verträge mit Künstlern gemacht. Und im Notfall, sagt er zur MZ, müsste er mit der Hofkapelle und Freunden selbst spielen. Das Format sei ihm aber außerordentlich wichtig, eben weil so die Menschen gut eingestimmt werden könnten, aber auch, weil dieses „aktive Werben mit Musik“ dem bevorstehenden Festival mediale Aufmerksamkeit bescheren kann.
Kooperationspartner ist einmal mehr der Verein WittenbergKultur. Ein „super stabiler Partner“ (Höhne) sei neben anderen die Stadt, die das Festival seit vielen Jahren mit 25.000 Euro fördert. Darüber hinaus kommen 12.000 Euro von Lotto Toto und 1.500 Euro vom Landkreis. Das Land Sachsen-Anhalt habe die beantragte Summe von 40.000 Euro bewilligt. Es gibt auch Förderer, man findet sie auf der Homepage des Festivals und die ist ebenfalls komplett überarbeitet. Frisch kommt sie daher, übersichtlich und informativ. Die bevorstehenden Konzerte finden sich ebenso wie Auskünfte zu den erneut stattfinden Workshops oder zum musikalischen Stadtspaziergang sowie zur Festivalhistorie.