Das Ende eines Windhundrennens
Zahna/MZ. - Die Fläminger Jagd gibt's immer noch. Auch ein halbes Jahr, nachdem der bisherige Eigentümer - die "drinks & food"-Gruppe - für einen Großteil seiner Firmen Insolvenz angemeldet hat, wird in Zahna weiter Likör produziert. 138 von 210 Mitarbeiter mixen nun unter alter und neuer Führung Spirituosen an dem traditionsreichen Standort - in einer neuen Firma.
Die ist mit dem Weihnachtsgeschäft allerdings nicht sonderlich zufrieden. "Es lief erwartungsgemäß", sagt der alte und neue Geschäftsführer Michael Bouchette. Bei den milden Temperaturen heißt das: erwartungsgemäß nicht so gut, wie es möglich gewesen wäre. "Das geht ja der gesamten Branche so", sagt Bouchette. Kalte Winter bringen viel Umsatz, bei milden Temperaturen bleibt der Hochprozentige eher stehen.
Immerhin wird am Standort überhaupt noch produziert. Als "drinks & food" Mitte des Jahres Insolvenz angemeldet hatte, war das nicht zwingend garantiert. Über die Jahre hinweg hatte die Gruppe Steuerschulden angehäuft. Am Ende waren beim Fiskus Millionenrechnungen offen. Schuld daran sollen laut Bouchette Verluste mit einer polnischen Brauerei sein, die von 1979 bis 2005 im Besitz der Familie Bouchette war.
Um die Verluste zu kompensieren, waren Steuern nicht vollständig gezahlt worden - und hatten sich angehäuft. Erschwerend hinzu kam, dass "drinks & food" die Ausschreibung einer großen Handelskette für deren Marke verloren hatte. Die Folge: rund 30 Prozent des Umsatzes war mit einem Schlag weg. Das "Windhundrennen", das in Schieflage geratene Unternehmen durch Expansion flott zu bekommen, wie es der Berliner Insolvenzverwalter Joachim Voigt-Salus nannte, war verloren.
Als Gespräche mit einem potentiellen und vor allem potenten Partner scheiterten, zog Bouchette die Reißleine und stellte Mitte des Jahres den Insolvenzantrag. Innerhalb kürzester Zeit fand der vorläufige Insolvenzverwalter einen Käufer. Seit September gehört das Zahnaer Unternehmen dem holländischen Spirituosenhersteller M. Dirkzwager B.V. Der kaufte Marken, Maschinen und Gebäude und gründete eine neue Firma. Mit den Steuerschulden haben die neuen Eigentümer nichts mehr zu tun. Die sind im alten Unternehmen geblieben, das nun im Insolvenzverfahren abgewickelt wird.
In Zahna wird dafür investiert. Rund fünf Millionen Euro, so hatte es Dirkzwager-Präsident Pieter L. Batenburg bei der Unterzeichnung einer Absichtserklärung im August verkündet, wolle man in den Betrieb stecken. Jetzt im Januar oder Februar sollen die Maschinen angeliefert werden, sagt Bouchette, der gemeinsam mit seiner Schwester Linda Hultqvist schon die alte Firma geleitet hatte, Batenburg und Cornelius Dirkzwager die Geschäfte der neuen "Drinks & Food Vertriebs-GmbH" führt.