Christliche Kunst Christliche Kunst: Stiftungspreis für Michael Triegel
wittenberg/MZ - Elisabeth Triegel ist 14 Jahre alt. Demnächst wird sie mit dem Blockflöten-Consort „Tibiae Saxoniae“ beim Wittenberger Renaissancemusikfest erwartet. Das Konzert findet in der Schlosskirche statt. Im Alten Rathaus der Lutherstadt ist die Leipzigerin schon jetzt zu sehen - auf einem Gemälde ihres Vaters Michael Triegel. Der 45-Jährige hat gerade den Kunstpreis der Stiftung Christliche Kunst Wittenberg erhalten. Er bekam ihn für seine Auseinandersetzung mit christlichen Themen.
Für sein Schaffen wurde Michael Triegel wie berichtet am Freitagabend im Rahmen der Vernissage zu seiner Ausstellung der „Preis für junge Kunst“ der Stiftung Christliche Kunst Wittenberg verliehen. Der Preis ist mit 1 000 Euro dotiert, außerdem beinhaltet er die Ausstellung, zudem wurden Werke angekauft. Eine Arbeit habe Triegel der Stiftung geschenkt. Nach Auskunft von Jutta Brinkmann, Geschäftsführerin der Stiftung, kann man sich für den alle vier Jahre vergebenen Kunstpreis nicht bewerben. Vorschläge kommen aus dem Kuratorium der Stiftung selbst, in Triegels Fall von Mayen Beckmann, Galeristin und Enkelin des Malers Max Beckmann, und von Christhard-Georg Neubert, Pfarrer und Direktor der Stiftung St. Matthäus Berlin. (cni)
Die Ausstellung „Michael Triegel. Gemälde - Grafiken - Aquarelle“ im Alten Rathaus Wittenberg kann bis zum 16. November (Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr) besucht werden.
Und für seine altmeisterliche Maltechnik, mit der ihm die Illusion gelingt, Elisabeth könnte dem Bild direkt entsteigen, um dem Besucher mit dem Schein ihrer Kerze den Weg zu leuchten.
Ritterschlag durch Tübke
Insgesamt präsentiert die Stiftung 68 Arbeiten von Triegel, der wie berichtet zu den bedeutendsten Vertretern der Neuen Leipziger Schule gehört. Sein Name wird in einer Reihe mit Neo Rauch oder etwa Werner Tübke genannt. Tübke, der 2004 verstarb, hat Triegel, wie er selbst es formuliert, auch den Ritterschlag erteilt, als er ihm die Ausführung einer Predella zu einem bedeutenden Altarbild „abtrat“. Noch bis zum 14. September zeigt übrigens die Kunsthalle Rostock eine Ausstellung, in der Tübke und Triegel gleichrangig nebeneinander stehen. Der Titel der Schau: „Zwei Meister aus Leipzig“.
Den Meister kehrt Triegel, der von 1990 bis 1995 Malerei und Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studierte und nach dem Diplom zwei Jahre Meisterschüler bei Ulrich Hachulla war, nicht raus. Unprätentiös gab er Auskunft, als er am Freitag vor der Preisverleihung die Ausstellung in Augenschein nahm. Ob er je anders gemalt hat als im Stil großer Renaissancemaler? Nein, sagte er und betonte in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit, sein Handwerk zu beherrschen. Er habe gar nichts gegen abstrakte Kunst, aber man sollte wissen, wovon man abstrahiert.
Spiel mit Symbolen
Wer durch die Ausstellung im Rathaus geht, wird abstrakte Werke nicht vermissen. Triegels Bilder - die Aquarelle wie die Grafiken, vor allem aber seine Gemälde - sind von einer geradezu atemberaubenden Schönheit. Soweit der erste Blick. Beim zweiten Hinsehen irritieren sie, weil Triegel die oft vertraut anmutenden Motive, etwa ein Karfreitags-Stillleben oder eine lebensgroße Kreuzabnahme, stört. Er spielt dabei nicht nur mit Symbolen, sondern bricht tradierte Sichtweisen auf. Den toten Christus zeigt er zwar mit Folterspuren, aber er wirkt, wie er da so hingebettet liegt, recht friedvoll, beinahe könnte man annehmen, er schlafe nur.
Dass der Tote eine „deutliche Vitalität“ ausstrahlt, fand in ihrer Einführung in die Ausstellung am Freitagabend die Direktorin des Evangelischen Predigerseminars in Wittenberg, Hanna Kasparick. In sehr persönlichen Worten erinnerte sie zudem an ihre erste Begegnungen mit einem von Triegels Werken vor zehn Jahren. „Verstörende Schönheit. Nicht plakativ, nicht ideologiegeladen, sondern leise subtil“, so sei ihre erste Erfahrung mit Triegel gewesen. Und daran dürfte sich bis heute vermutlich auch nichts geändert haben.
Und Triegel selbst? Der gebürtige Erfurter beschäftigt sich seit gut 30 Jahren mit Religion, aber Kirchenmitglied war er lange nicht. Schlagzeilen machte er als der Heide, der den Papst gemalt hat, und noch vor drei Jahren erklärte er bei einer Veranstaltung im „Lubaster Kunstsalon“, dass er auf sein Damaskuserlebnis immer noch warte. Jetzt hat er sich in Leipzig taufen lassen, mitten in einer Osternacht. Am Freitag stand er nun „als frischer Katholik im protestantischen Rom“ (Triegel) und gestand im Rathaus: „Dieser Tag und dieser Preis sind für mich etwas ganz Besonderes.“
Er sprach auch über Kirchenkunst, die mit christlicher Kunst nicht gleichzusetzen sei. Überhaupt - die Kunst! „Seit 150 Jahren“, so Triegel, „bespiegelt sich die Kunst selbst, werden Künstler vor allem nach ihrem Preis bewertet.“ An diesem Abend schien es, als spiele Kunst wieder eine Rolle „im gesellschaftlichen Kontext, unabhängig von der Bekanntheit eines Künstlers“. Was natürlich ganz schön tief gestapelt war, wendet man diesen Satz auf Kunstpreisträger Triegel an.