Bürgerstiftung in Wittenberg Bürgerstiftung in Wittenberg: Mehr als die Summe der Teile

Wittenberg - Die Künstler sind nicht anwesend. Aber das war auch nicht anders zu erwarten bei dieser Vernissage. Drei Monate ist es schließlich her, dass die jungen Europäer zu Gast waren in der Lutherstadt, längst sind sie wieder zurückgekehrt in ihre Heimatländern, nach Albanien und Zypern, in die Türkei und nach Weißrussland...
Über die Versteigerung erfährt man alles auf der Homepage der Stiftung, www.buergerstiftung-wittenberg.de. Dort kann man sich beispielsweise auch die sechs Werke ansehen. Im Original betrachten lassen sich die Briefmarkenmosaiken bei der WBG in Kleinwittenberg, Dessauer Straße 230, zu den üblichen Öffnungszeiten (Mo, Di, Do 8 bis 18 Uhr, Mi bis 16.30 Uhr, Fr bis 12.15 Uhr).
Die Bürgerstiftung existiert seit April 2015 und hat in ihrer kurzen Geschichte schon einiges auf die Beine gestellt. So geht etwa die Sanierung der Stadtkirchenuhr auf ihr Konto und auch die fortschreitende Wiederherstellung des Schwanenteichs als Erholungsort. Geplant sind derzeit unter anderem das Vorhaben „Elbwiesen genießen“ (es geht um einen besseren Zugang zum Fluss) und ein Schülerzeitungsprojekt.
Beim Euro-Camp des Landes Sachsen-Anhalt im Juli und August hatten sich die zehn (vor allem) Frauen und Männer drei Wochen lang unter anderem damit beschäftigt zu beweisen, dass Briefmarken noch zu mehr gut sind als zum Frankieren und Sammeln: Aus einem Fundus von insgesamt an die 130.000 Marken entstanden sechs großformatige Bilder in Collage-Technik. Seit dem vergangenen Mittwoch ist die Ausstellung „Weltbotschaften für Wittenbergbotschaften“ in Kleinwittenberg im Foyer der Wittenberger Wohnungsgenossenschaft WBG zu sehen.
Sperriger Titel
Der etwas sperrige Titel - Weltbotschaften meint den Inhalt der Marken, Wittenbergbotschaften das, was nun daraus entstanden ist - ist gleichzeitig der Name des Projekts, für das die Wittenberger Bürgerstiftung im Rahmen des Euro-Camps verantwortlich zeichnete. Viele Wittenberger Bürger, darunter eben auch diverse Genossenschaftsmitglieder, lieferten mit nicht mehr benötigten Briefmarken den Rohstoff für die Kunstaktion. 40 Alben und acht Kartons gingen nach dem Aufruf bei der Bürgerstiftung ein; „sehr imposant“ fand diesen Zuspruch der Stiftungsvorsitzende Jens Krause - und das Ergebnis sowieso.
An Luther-Motiven kommt selbstredend nicht drumherum, wer von Wittenberg aus eine Botschaft in die Welt schicken möchte, erst recht nicht am Vorabend von 2017. Und so ist ein kunterbuntes Luther-Porträt entstanden, das entfernt an Andy Warhol erinnert, dazu der Turm der Schlosskirche und gleich zwei - nicht nur farblich unterschiedliche - Lutherrosen.
Mit Bier und Brezel
Hinzu kommt das Land Sachsen-Anhalt samt Wappen und, soviel Klischee muss man dann doch aushalten, ein Deutschland-Bild mit Flagge, Bier und Brezel. (Die Idee, dieses Bild „der CSU anzubieten“, wie es eine Vernissage-Besucherin vorschlug, sollte man nicht von der Hand weisen, freilich fehlt leider die weiß-blaue Bayern-Flagge.)
Zeitgleich mit der Ausstellung, die bis Ende Januar bei der Wohnungsgenossenschaft zu sehen ist, läuft eine Versteigerung der einzigartigen Briefmarken-Mosaike, online kann man auf der Homepage der Stiftung Gebote abgeben. Mindestens 500 Euro, soviel verriet Stiftungschef Krause schon mal vorab, sollten die Bilder jeweils schon einbringen. Die Stiftung muss schließlich nicht nur noch ein paar Euro aufbringen, um die großformatigen Rahmen zu bezahlen, der Erlös dieses ersten Projektes der Bürgerstiftung im Bereich Kunst soll schließlich weitere Vorhaben ermöglichen.
Krause verwies in diesem Zusammenhang nicht nur auf das nicht mehr ferne Weihnachtsfest sondern auch darauf, dass sich in den Mosaiken möglicherweise auch interessante Entdeckungen machen ließen (wenn vielleicht auch nicht gleich die Blaue Mauritius). Die „Freie Stadt Danzig“ etwa entdeckte Vernissage-Gast und Stiftungsmitglied Eckhard Naumann, Wittenbergers Oberbürgermeister a. D., im Zentrum einer Lutherrose auf einer Flugpostmarke - die Weltbotschaften führen den Betrachter nicht nur quer durch Europa und die halbe Welt sondern zum Teil auch tief in die Geschichte.
Alle haben eine Chance
Der Ministerpräsident, so hieß es zur Vernissage, liebäugele bereits mit „Sachsen-Anhalt“ und auch bei der WBG selbst denkt man den Angaben der Vorstände Antje Bitter und Dirk Scheller zufolge über den Erwerb eines der Kunstwerke nach - über die Lutherrose in Blau und Gelb, passend zu den Farben des Unternehmens. Aber noch haben alle eine Chance, die ein paar Euro übrig haben für ein Kunstwerk und den guten Zweck. (mz)