Bundeswehrcamp in Wittenberg Bundeswehrcamp in Wittenberg : Soldaten und Theologen diskutieren über Frieden

wittenberg - Die Bundeswehr ist wieder in der Stadt. Diesmal nicht, um Brücken über die Elbe zu schlagen oder ein Lazarett aufzubauen. Die Zeit der Amtshilfe ist vorbei, jetzt geht es um Gespräche und Diskussionen. Im Rahmen der Themenwoche „Frieden“ auf der Weltausstellung Reformation findet in dieser Woche im Arthur-Lambert-Stadion ein Friedenscamp, organisiert von der evangelischen Militärseelsorge, statt.
Militärdekan Michael Rhode schickt Mittwoch zur Mittagszeit gut 60 Soldatinnen und Soldaten in fünf Workshops. „Jetzt werden Sie nicht mehr konsumieren, sondern produzieren“, gibt er ihnen mit auf den Weg, und vor den Zelten der kleinen Camp-Stadt versammeln sich die Teilnehmer in Stuhlkreisen.
Angekommen waren sie am Dienstag auf besonderem Weg. Aus Richtung Sachsen und aus Roßlau kommend, fuhren die Campmitglieder in Schlauchbooten auf der Elbe nach Wittenberg. „In Roßlau sind wir mit 33 Leuten in zehn Boote gestiegen und haben bei Griebo noch den Generalinspekteur aufgenommen“, erzählt Oberstleutnant Thomas Poloczek vom sachsen-anhaltischen Landeskommando.
Anfahrt endet mit Andacht am Elbe-Ufer
Schon diese Anfahrt auf der Elbe, die in einer Andacht am Ufer mündete, habe man als einen Weg der Versöhnung verstanden, getreu dem Motto des Camps „Wege des Friedens - Wege der Versöhnung. Friedensethische Impulse aus 500 Jahren Reformationsgeschichte“.
Das mag erst einmal abstrakt klingen, aber Michael Rhode macht die Fragen, um die es in diesem Camp geht, greifbar, als Dozent an der Hamburger Bundeswehr-Universität muss er das können. „Vor allem für Soldaten, die in Einsätzen sind, werden Fragen zur Gewaltanwendung plötzlich ganz aktuell. Dann müssen auch Christen zur Waffe greifen“, sagt er.
In den Vorträgen und Workshops hier in Wittenberg will man darüber reflektieren, Antworten darauf finden, was die Kirche dazu sagt. Einen eigenen Standpunkt entwickeln, aber auch verstehen, warum manche andere Positionen beziehen und vertreten, sollen die Gespräche im Camp ermöglichen.
Vom Gefreiten bis zum General
Rhode, der alle Bundeswehrteilkräfte zu diesem Camp eingeladen hatte, freut sich vor allem darüber, dass sich Teilnehmer vom Gefreiten bis zum General darunter befinden. „Solch eine Bandbreite habe ich bisher noch nicht erlebt“, meint er.
Ähnlich breit, so Oberstleutnant Poloczek, lief auch die Vorbereitung auf das Treffen in Wittenberg. Das Camp wurde von Spezialpionieren aus Husum aufgebaut, den Transport auf der Elbe unterstützten Pioniere aus Holzminden und Gera. „Das hat alles wunderbar funktioniert“, bilanziert er.
Rhode ruft die Truppe derweil zur Ergebnispräsentation aus den Workshops zusammen. Dann gehört der Nachmittag der Freizeit. „Weltausstellung und all die Lutherstätten erwarten unsere Leute“, freut sich der Militärdekan. Für sich selbst hat er längst entschieden, dass christlicher Glaube und Dienst in der Bundeswehr miteinander einher gehen können. Aus dem Kriegsdienstverweigerer von einst ist ein Militärgeistlicher geworden, der selbst auf Einsätzen in Afghanistan, Mali und Liberia war.
„Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich viel tun würde, um meine Familie zu verteidigen“, sagt der 43-Jährige. Aus einem Pfarrer im Harz wurde ein Militärpfarrer und Dozent. Einer von 95, denn so viele evangelische Militärpfarrer sind im Land Dienst. „Ich bin mehr Pfarrer als früher“, findet Rhode. Auch, weil die Bundeswehr die Infrastruktur für die Theologen stellt. (mz)