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Buchhandel in Wittenberg Buchhandel in Wittenberg: Große Ketten schließen Einzelhändler bleiben geöffnet

Von Irina Steinmann 01.04.2020, 09:00
Beate Klauß führt die Buchhandlung Kummer im Lindenfeld.
Beate Klauß führt die Buchhandlung Kummer im Lindenfeld. thomas Klitzsch

Wittenberg - Für exakt zwei Bundesländer lebt der Mensch auch während der Corona-Krise nicht vom Brot allein: Neben Berlin erlaubt das Land Sachsen-Anhalt den Buchhandlungen ausdrücklich die Öffnung. In der Lutherstadt gibt es gerade mal eine Handvoll dieser Läden - und ihr Umgang mit der Krise ist durchaus unterschiedlich. Während Ketten wie „Thalia“ im „Arsenal“ und die Bahnhofsbuchhandlung „Schmitt und Hahn“ geschlossen sind, versuchen einige kleinere sich unvermindert durchzuschlagen; von ihnen hat allein „Verbo solo“ in der Collegienstraße bis auf weiteres aufgesteckt.

„Alpha“ öffnet stark verkürzt

Viel von Touristen lebt zwar auch die (christliche) Buchhandlung „Alpha“ in der Schloss-Straße, bis Ende März hat man dort aber versucht, den Betrieb normal aufrechtzuerhalten. Ab heute, 1.April, ist freilich auch damit Schluss: Probeweise gelten in den nächsten Wochen stark verkürzte Öffnungszeiten, nämlich nur noch von 11 bis 14 Uhr. Dass man danach vorübergehend ganz schließt, wollte Johanna Beimler, Leiterin von „Alpha“ in Wittenberg, gegenüber der MZ aber nicht ausschließen.

Es seien schließlich „wahnsinnige Umsatzeinbrüche“ zu verzeichnen, berichtet Beimler und führt dies indirekt auf die Kontaktsperre zurück. Möglicherweise wüssten viele zudem gar nicht, dass der Buchhandel geöffnet haben dürfe - oder haben zur Zeit „vielleicht andere Dinge im Kopf“. Laufkundschaft, Touristen zumal, gibt es gar nicht mehr, wobei sich die Buchhändlerin gegen Corona gut gewappnet sieht - Händewaschen nach jedem Kassenvorgang inklusive - und selbst, wie sie versichert, „überhaupt keine Angst“ hat. Auch zum Abstand halten sei der Laden groß genug - derzeit, wie gesagt, zu groß.

Dabei können Bücher bekanntlich ganz gut dabei helfen, die Krise zu bewältigen. „Alpha“ versteht sich vorrangig - aber keineswegs ausschließlich - als christliche Buchhandlung, so dass die Empfehlung, es mit Psalmen zu versuchen, nicht ganz überraschend kommt. Es gibt aber auch Alternativen: „Ich schlage mich schön durch mit Romanen“, die von „Zusammenhalt und Solidarität“ handeln, berichtet Beimler. „Auf den Spuren der Sehnsucht“ von Kim Vogel Sawyer etwa handelt von einem „wunderbaren Zusammenhalt“ im noch etwas Wilden Westen Ende des 19. Jahrhunderts und „liest sich schön weg“ - was ja nicht unerheblich ist in Zeiten, da sich manch eine(r) vielleicht auch ein bisschen langweilt zu Hause. Bestellungen von Büchern, betont Beimler, seien außerhalb des Ladens im Übrigen unverändert über www.alpha-wittenberg.de sowie per Mail an [email protected] möglich.

Eine ausgesprochene Leseempfehlung für die Corona-Klausur hat Beate Klauß nun nicht gerade parat, viel verkauft werde aber der aktuelle Fitzek, Sebastian Fitzek, im Übrigen „nicht ganz so grausam“ wie sonst, wie Klauß im Hinblick auf andere Werke des bekannten Thriller-Autors betont. Auch die Buchhandlung „Kummer“ im Lindenfeld, deren Geschäftsführerin Klauß ist, hat nach wie vor geöffnet, neu sei aber ein Mittagspäuschen zwischen 12 und 14 Uhr.

Dass Klauß auch dann per Klingel erreichbar ist und genau genommen den Laden auch gar nicht ganz schließen dürfte, selbst wenn sie wollte, hängt damit zusammen, dass die Buchhandlung „Kummer“, gelegen an der Geschwister-Scholl-/Ecke Falkstraße, auch Poststelle ist und damit zu jenen Geschäften gehört, die überall öffnen dürfen bzw. müssen. Nur auf Antrag, mutmaßt Klauß, wäre eine Schließung wohl möglich. Tatsächlich hat sie - beziehungsweise ihr Sohn, der Inhaber - das aber auch gar nicht vor.

Mal wieder etwas basteln

Kommen drei Kunden, muss notfalls einer draußen warten, um den Abstandsregeln Genüge zu tun. Und Kunden kommen - trotz eklatanten Mangels etwa an Schulkindern aus der Nachbarschaft - durchaus noch. Eltern etwa, die Literatur suchen, um ihren Kindern zu Hause beim Ausarbeiten von Vorträgen für die Schule zu helfen, oder Menschen, die daheim ihren Drang zum Basteln entdeckt haben: Bastelartikel und Anleitungen würden gern genommen, berichtet Klauß. Und dann fällt ihr doch noch eine Leseempfehlung zu dieser Zeit ein: „Nobbi, der Mutmachhase“ - Hase passt ja auch schön zu Ostern, findet sie. Und Mut machen ist sowieso angesagt in diesem Jahr, da Ostern ganz anders aussehen wird als sonst - die Tatsache eingeschlossen, dass so mancher laut Klauß jetzt mangels Alternativen auch seine Oster-Deko bei ihr kauft.

Am 1. November wird „Kummer“ übrigens 110 Jahre alt. Das wollen sie natürlich noch erleben.

(mz)