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Ausstellung im Wörlitzer Gartenreich Ausstellung im Wörlitzer Gartenreich: Im Schloss Luisium geht's los

Von Henrik Klemm 19.01.2016, 17:14
Das Schloss Luisium im Winter - hier geht die Führung los.
Das Schloss Luisium im Winter - hier geht die Führung los. Kulturstiftung/Frässdorf Lizenz

Wörlitz - Am 23. Januar findet die erste von drei Sonderführungen zum Thema „Mit Lady Hamilton auf Grand Tour durch das Gartenreich“ statt. Vom Luisium aus geht es mit dem Pkw nach Wörlitz. Die Teilnehmer sollten also motorisiert sein. Treffpunkt ist jeweils 11 Uhr am Schloss Luisium. Die Teilnahme kostet zwölf Euro pro Person. Uwe Quilitzsch von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz übernimmt die Führung. Die zweite Tour ist dann für den 27. Februar geplant. Die dritte findet mit dem beschriebenen Ablauf am 12. März statt.

Die ganz besondere Grand Tour beginnt im Schloss Luisium mit einer Erinnerung an Lady Hamilton. Quilitzsch verspricht, Neues aus der Biografie der Lady präsentieren zu können. Dann geht’s über Vockerode, eventuell mit einem Abstecher zum „Nelsonhügel“ - nach Wörlitz. Im Schloss ist dann allerhand zu entdecken, was in Bezug steht zum Ehepaar Hamilton, zu Horatio Nelson und zu Neapel. „Details werden nicht genannt“, so Quilitzsch, schließlich soll es auch noch die eine oder andere Überraschung geben.

Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz bittet um eine möglichst frühzeitige Anmeldung unter 0340/64 61 50 oder auch per E-Mail: [email protected]. Weitere Informationen finden sich im Netz unter www.gartenreich.com.

Lesen Sie im zweiten Teil, warum die Lady zur Fürstin kommt - und zur Mode-Trendsetterin wird.

Die Lady kommt zur Fürstin

Die Zeitgenossen waren begeistert vom Talent der Emma Lady Hamilton, lebende Bilder nach im 18. Jahrhundert bekannt gewordenen Skulpturen und Gemälden zu stellen. Zu Berühmtheit gelangte sie mit ihren Attitüden in Neapel, wo sie ab 1786 als Geliebte, später als Gattin des britischen Gesandten William Hamilton lebte (die MZ berichtete). Im Juni 2016 nun kommt die Lady zur Fürstin Louise, wenn in deren Haus in Wörlitz die Ausstellung „Lady Hamilton - Eros & Attitüde“ eröffnet wird. Es ist die erste Schau in Deutschland, die sich dem Leben dieser gleichermaßen verehrten wie kritisierten Frau widmet.

Von Rom nach Wörlitz

Bis zum vergangenen Sonntag wurde die Ausstellung mit großem Erfolg insgesamt 4 000 Besuchern in Rom in der Casa di Goethe gezeigt. Dass sie nun nach Wörlitz kommt, ist für Uwe Quilitzsch, Referatsleiter Archiv und Bibliothek der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, selbstverständlich. Schließlich lernt Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau auf seiner Grand Tour William Hamilton in Neapel kennen, verbindet beide eine lebenslange Freundschaft, lässt Fürst Franz am östlichen Ausläufer des Wörlitzer Sees eine künstliche Insel errichten, die an den Golf von Neapel erinnert. Und, so Quilitzsch weiter, „mit der Villa Hamilton, der Nachbildung der Villa Emma am Posillipo, wo Emma auftritt, existiert auf Wörlitzer Boden ein besonderes Monument der Freundschaft“. Auch der Architekt Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff lernt die Hamilton kennen. Der Fürstin Louise von Anhalt-Dessau ist das indes nicht vergönnt, als sie sich in Neapel aufhält. Die Künstlerin ist einfach nicht zu Hause.

Trotzdem, auch die Dessauer sind von ihren Darstellungen, vom bewegten Ausdruckstanz - schnell wechselt die Künstlerin die meist mythologischen Rollen, zeigt Charaktere und Gefühle - sowie von ihrem Gesang fasziniert.
Letztlich präsentiert sie den vornehmlich adligen Reisenden, den von der Antike faszinierten Wissenschaftlern und Künstlern das, was zu dieser Zeit durch die Ausgrabungen am Golf von Neapel ans Tageslicht kommt und begeistert, was Reisende anlockt.
Ihre Attitüden spiegeln die Bilder auf den antiken Funden, die auch Hamilton liebt, die er studiert, die er sammelt. Emma ist immer an seiner Seite, erlangt so Kenntnisse aus erster Hand.
„In Emma Hart“, so nennt sie sich vor ihrer Heirat, „begegnet Hamilton einer Frau, in deren Schönheit, Bildung und Selbstbewusstsein ihm jener Typus des Weiblichen wiederauferstanden zu sein schien, der ihm in antiken Darstellungen begegnet war. Auch ihre weichen, ein wenig fülligen Körperproportionen entsprachen einem antiken Idealbild. Emma ihrerseits verfügte über Talent, Ausdrucksfähigkeit und nicht zuletzt jene Unbefangenheit in der Präsentation des eigenen Körpers, wie sie dem zeitgenössischen Bild der antiken Lebensweise entsprach“, so formuliert es Dieter Richter, Germanist und Kulturhistoriker im Begleitband zur Ausstellung. Besondere Bedeutung kommt dabei ihrer Kleidung zu. Nach griechischem Vorbild ist ihr Gewand dem pompejanischer Tänzerinnen nachempfunden - ein einfaches langes weißes Kleid, unter der Brust mit einem Band gegürtet, dazu ein Schal oder Schleier. Letztlich wird dies zum Muster guten Geschmacks in der Damenmode.

Empfehlung an die Damen

Genau das ist im „Journal des Luxus und der Moden“ von 1795 nachzulesen. Carl August Boettiger - Sprachwissenschaftler, Archäologe, Pädagoge und Schriftsteller - formuliert dort: „Möchten doch unsere Damen ... sich immer mehr davon überzeugen können, daß der zierliche Putz in der größten Simplicität und in jener ... Grazie besteht, womit ein sehr einfaches Gewand, ein Schleier, ein Band mehr wirkt, als die prunkvollesten Stoffe und kostbarsten Modeartikel aus London und Lyon!“
Wer also nicht bis zur Ausstellungseröffnung warten möchte, der sollte sich am Sonnabend der Führung anschließen. „Kommen Sie mit auf eine besondere Entdeckungsreise“, lädt Quilitzsch ein.

Lesen Sie im dritten Teil, wie Admiral Horatio Nelson und die Hamiltons 1800 bei Vockerode an Land gehen.

Historisches Treffen an der Elbe

Es ist ein fürchterliches Hochwasser, welches 1799 Anhalt-Dessau heimsucht. Fürst Franz muss das Gotische Haus verlassen und berichtet am 27. Februar seiner Gattin Louise von unaufhörlichem Regen. „Wörlitz sey ganz mit Waßer umgeben und das Waßer überflöße alle Wälle“, gibt sie ihn wieder. Und fügt in ihrem Tagebuch hinzu, „die Prinzeßin Brücke stand mitten im hohen Waßer, der Weg nach Griesen ganz blank, und der See hob sich sehr mit seinen Eißstellen“. Am 7. März fällt das Wasser endlich wieder, doch der Schaden an den Deichen ist erheblich. So auch in Vockerode.

„Ich fuhr nach Fockerode und stieg da auf der Abfahrt aus und ging dann hinn bis zum Durchbruch, der freylich sehr groß und schrecklich ist. Noch sind Häußer dort im Waßer“, schreibt die Fürstin am 12. März. Doch schon wenige Tage später lässt Fürst Franz die Deiche erneuern. Am 24. März heißt es dann im Tagebuch der Fürstin: „...fuhr ich aus nach Vokerode, da den meist fertigen Wall in Augenschein zu nehmen“. Die Arbeiten an den Wällen sind damit längst nicht abgeschlossen, sie dauern Monate. Und an besonderen Stellen lässt der Fürst Wallwachhäuser errichten, die jedoch nicht nur den Wachen nützlich sein, sondern auch die Blicke der Reisenden auf sich ziehen, sie überraschen sollen. Solch ein Ort dürfte auch der später als „Nelsonhügel“ bekannte Platz östlich von Vockerode an der Elbe gewesen sein. Damals am Hauptweg von Dessau nach Wörlitz gelegen, faszinierte der Ort viele Reisende. Genau dort machten wohl auch am 14. Oktober 1800 Admiral Horatio Nelson, William und Emma Hamilton mit ihrem Fluss-Segelboot fest und gingen an Land, um danach ihre Reise über Magdeburg und Hamburg nach England fortzusetzen. Nach mündlichen Überlieferungen soll Fürst Franz sie in Vockerode begrüßt und mit ihnen gefrühstückt haben.

Der Schriftsteller Ludwig Würdig schreibt im Volks-Kalender von 1871: „Herzog Franz zu Anhalt-Dessau beabsichtigte hier dem ruhmreichen Helden von Abukir (1798) und Trafalgar (1805) dem englischen Admiral Nelson, ein Denkmal zu errichten. Wie mir alte glaubhafte Einwohner von Vockerode erzählt haben, liegen hier viele tausende von Bruch- und Mauersteinen, die den Grund zum Denkmal bilden sollten, versenkt. Wenn die Ausführung dieses Denkmals dennoch unterblieb, so lag dies wohl nur in den politischen Verhältnissen damaliger Zeit, denn gewiß würde der im Herbst des Jahres 1806 als Sieger durch Anhalt-Dessau ziehende Kaiser Napoleon eine solche Huldigung des englischen Seehelden seitens eines kleinen deutschen Fürsten übel aufgenommen haben.“ Was bleibt ist aber die Geschichte, die Weltpolitik ins kleine Dörfchen Vockerode brachte - auch ohne Denkmal.

Lesen Sie im vierten Teil, dass Lady Hamilton auch die "Diana von Ephesos" darstellt.

„Diana von Ephesos“ entdeckt

Weit verbreitet wurden die Attitüden der Emma Lady Hamilton Ende des 18. Jahrhunderts durch Zeichnungen von Friedrich Rehberg, der Tommaso Piroli 1794 beauftragt hatte, zwölf der Darstellungen in Kupfer zu stechen, und sie dann veröffentlichte. Schnell machten die Hefte in Europa die Runde. Zu sehen sind etwa die „Nymphe mit Tamburin“ oder die „Heilige Maria Magdalena“.

Dieser Tage nun hat Uwe Quilitzsch, Mitarbeiter der Kulturstiftung, eine weitere Attitüde gewissermaßen der Vergessenheit entrissen: „Diana von Ephesos“. Auch diese berühmte antike Figur wurde von Lady Hamilton nachgestellt.

In ihren Memoiren, deutsch als „Geschichte der Lady Hamilton“ von Gottlob Heinrich Adolf Wagner in Leipzig 1816 herausgegeben, wird aus einem Brief von Lord Bristol an die Lady zitiert: „Gott allein weiß also, wann ich meiner Diana von Ephesus wiederum meine Ehrfurcht bezeugen kann.“ Weiter heißt es: „Die letztere Anspielung bezieht sich auf die Darstellung der Diana, welche der Lady Hamilton so meisterhaft gelang, und wovon Sir William Hamilton ein, nachher in Neapel in Kupfer gestochenes, Gemälde verfertigen ließ.“ Zu der dem Gemälde zugrunde liegenden Skulptur informiert Quilitzsch, dass nach dem Erlöschen des römischen Geschlechts der Farnese im Jahr 1731 deren bedeutende Kunstsammlung verteilt wurde. Ein Teil der Sammlung gelangte zum König von Neapel, eben auch die „Diana von Ephesos“. Im 18. Jahrhundert wurde sie im Palazzo Reale aufbewahrt. Zu dieser Residenz hatte der britische Gesandte Hamilton ungehinderten Zutritt. Er ließ ein Ölbild vom schottischen Maler William Hamilton anfertigen. Den Kupferstich (Foto) verfasste Francesco Bartolozzi. Diese Arbeit trägt den Titel: „Ein Philosoph bei der Entschleierung der Diana von Ephesos“.

Lesen Sie im fünften Teil, warum im August in Wörlitz ein Vulkan ausbricht.

Begleitprogramm: Der Vesuv bricht aus

Es ist wieder soweit: Bescheiden informiert die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz in ihrem Flyer zur Ausstellung „Lady Hamilton - Eros & Attitüde“, dass zum Begleitprogramm eben dieser Ausstellung auch der Ausbruch des Wörlitzer „Vesuv“ gehören wird. Interessierte sollten sich also den 19. und 20. August vormerken, denn schließlich ist dieses Ereignis ein eher seltenes. Das letzte derartige Spektakel fand 2012 statt. Der Vulkanausbruch auf der Insel „Stein“ war damals dem Jubiläum „800 Jahre Anhalt“ gewidmet und der krönende Abschluss der Landesausstellung „Pompeji“.

Die Ausstellung zu Schönheitskult und Antikenrezeption in der Goethezeit ist im „Haus der Fürstin“ in Wörlitz vom 5. Juni bis 18. September zu sehen. Das im Michael Imhof Verlag erschienene Begleitbuch zur Ausstellung kann vor Beginn der Tour am 23. Januar im Luisium erworben werden. (mz)

Emma Lady Hamilton als Bacchantin (John Raphael Smith nach Josuah Reynolds: A Bacchante, 1784, Mezzotinto)
Emma Lady Hamilton als Bacchantin (John Raphael Smith nach Josuah Reynolds: A Bacchante, 1784, Mezzotinto)
Repro: Kulturstiftung/Frässdorf Lizenz
Emma Lady Hamiltons Memoiren erscheinen 1816 in deutscher Sprache. Das Bild - gestochen nach einem Gemälde von Angelika Kauffmann - schmückt das auch von Johann Wolfgang von Goethe beachtete Buch. Die Figur auf dem Gürtel trägt die Züge von William Hamilton.
Emma Lady Hamiltons Memoiren erscheinen 1816 in deutscher Sprache. Das Bild - gestochen nach einem Gemälde von Angelika Kauffmann - schmückt das auch von Johann Wolfgang von Goethe beachtete Buch. Die Figur auf dem Gürtel trägt die Züge von William Hamilton.
Repro: Kulturstiftung/Frässdorf Lizenz
Der „Nelsonhügel“ bei Vockerode an der Elbe
Der „Nelsonhügel“ bei Vockerode an der Elbe
Thomas Klitzsch Lizenz
Diana von Ephesos
Diana von Ephesos
Repro: Kulturstiftung/Frässdorf Lizenz
Der Wörlitzer Vulkan bricht aus.
Der Wörlitzer Vulkan bricht aus.
Archiv/Stedtler Lizenz