Adventsserie Adventsserie Redaktion Wittenberg: Türchen 8: Wo Wittenberger schwitzen

Wittenberg - Simon Körners Arbeitskleidung ist oft nur ein Handtuch. Das schlingt er sich um die Hüften und geht an den wohl kuschligsten Arbeitsplatz der Stadt in diesen kalten Tagen: in die Sauna. Was anderen die liebste Freizeitbeschäftigung ist und beste Entspannung bietet, macht den täglichen Alltag des Saunawarts in der Piesteritzer Schwimmhalle aus.
„Man könnte es im Winter tatsächlich schlechter treffen“, sagt der 41-Jährige, den die Gäste im Saunabereich zumeist in Shorts, Shirt und Badelatschen antreffen. Von draußen kommen am Morgen die dick eingemummelten Kindergruppen zum Schwimmen herein. Körner stellt um neun Uhr die Saunen an. Seine Frühschicht geht freilich schon Stunden vorher los. „Da fange ich 5.30 Uhr an“, sagt der Dessauer. Bis die Sauna um zehn Uhr öffnet bleibt so ausreichend Zeit, um die Spuren des vergangenen Tages zu beseitigen. Simon Körner muss putzen, Boden wischen, Saunen reinigen, desinfizieren - alles nach einem festen Plan.
„Ich denke, bei uns in Piesteritz sieht man auch, dass wir das sehr ernst nehmen“, findet der Saunawart. So sauber wie hier findet er es selten vor, wenn er mal andere Saunen besucht. Das macht der gelernte Möbeltischler freilich noch nicht so lange, denn sein allererster Saunabesuch ging erst einher mit seinem neuen Job bei der städtischen Bäder und Freizeit GmbH. Bis dahin hatte er als Rettungsschwimmer vor allem bei der Wasserwacht ehrenamtlich gearbeitet. „Dieser Wechsel war das Beste, was ich tun konnte. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt Körner. Das Saunieren mag er längst nicht mehr missen.
Gleich am zweiten Arbeitstag, erinnert er sich, musste er den ersten Aufguss bei 90 Grad zelebrieren. „Das war im August, da gab es zum Glück nicht so viele Besucher und nach drei Wochen hatte ich den Dreh raus.“
Auf den Tisch kommt bei uns Heiligabend natürlich Kartoffelsalat mit Würstchen. Das ist Familientradition seit ich mich erinnern kann, genauso wie Gans mit Rotkohl, Grünkohl und Klößen.
Weihnachten bedeutet für mich, meine Familie glücklich zu machen und viel Zeit mit ihr zu verbringen. Außerdem passe ich in diesen Tagen immer auf, nicht zu viel auf die Hüften zu kriegen. In meinem Beruf fällt das ja schnell auf. Lange Spaziergänge mit dem Hund helfen, etwas dagegen zu tun.
Nicht verzichten möchte ich auf Glühwein, natürlich selbst gemacht. Im Advent gehört auch immer der Ausflug zu einem schönen Weihnachtsmarkt dazu, entweder Leipzig oder Magdeburg.
Die größte Weihnachtskatastrophe gab es einmal, als der Hund Heiligabend in den fertig geschmückten Weihnachtsbaum lief und die ganze Pracht zu Boden ging. Es ist deshalb jedes Jahr schwierig, wie der Baum sicher aufgestellt wird. Mit zwei Katzen und einem Hund ist mit Trubel immer zu rechnen.
Der Dreh sind die schweißtreibenden Handtuchschwünge im Wechsel mit drei Aufgüssen. Das ist für die sitzenden Gäste schon schweißtreibend und für einen Saunawart echte körperliche Belastung. Simon Körner und seine Kollegen wechseln sich bei dem stündlichen Ritual in der Außensauna deshalb ab, so kommt er in der Frühschicht auf zwei und in der Spätschicht auf drei bis vier Aufgüsse. „Vier an einem Tag sind selbst für den härtesten Kerl zu viel.“
Da ist es nicht verwunderlich, dass der Saunawart auf der Arbeit schon drei Liter trinken muss. Gut mit Flüssigkeit versorgt wird der Mann aber auch äußerlich. Geduscht wird nach jedem Aufguss und am Ende des Arbeitstages. „Mir fällt wirklich kaum ein anderer Beruf ein, wo man so sauber nach Hause kommt“, meint er. „Ich muss zugeben, dass mein Handtuch daheim meist trocken bleibt und ich einen sehr geringen Verbrauch an Duschbad und Seife habe.“ Damit die Haut nicht leidet, gibt es von der Firma fetthaltige Creme.
Der Jobwechsel vor vier Jahren hat für den Saunawart jedoch auch Veränderungen gebracht. „Man verweichlicht“, lacht er. „Ich friere eindeutig schneller als früher.“ Aber, er fühlt sich auch gesünder. „In den letzten vier Jahren hatte ich nur einmal eine kurze Erkältung.“
Auf solche Effekte hoffen natürlich auch die Saunagäste in Piesteritz. Meist sind es Stammgäste, nach denen man, so Körner, die Uhr stellen kann. „Bei vielen weiß ich sogar, welches Essen und Getränk sie bestellen“, sagt er. Und er kennt seine Kundschaft natürlich vor allem nackt. Ein Problem war das nie. „Das ist schnell normal geworden. An nackten Leuten habe ich so ziemlich alles gesehen“, meint der Saunawart, der sich immer wieder freut, wenn neue Gäste über die Sauna in Piesteritz staunen. „Von außen sieht man ja nicht, wie toll es hier ist“, sagt er.
Nur seine Frau konnte er noch nicht von seinem Arbeitsplatz überzeugen. „Saunieren ist einfach nicht ihr Ding. Es gefällt ihr nicht“, erzählt Simon Körner. Der 15-jährige Sohn hat hingegen schon ein Praktikum in Piesteritz absolviert und fand es genauso toll wie das Hobby des Saunawarts. „Wir bauen zusammen alte Motorräder auf“, sagt er. Der Schmutz der alten Maschinen wird dann gleich wieder von den Händen gespült, wenn Simon Körner seinen sauberen und warmen Job in der Piesteritzer Sauna antritt. (mz)