Zeitzeugenbericht über Schloss Neu-Augustusburg Zeitzeugenbericht über Schloss Neu-Augustusburg: Marianne Ullrich war das Schlosskind

Weißenfels - „Ich bin ein Schlosskind, ich habe hier gewohnt. Im Weißenfelser Schloss befand sich auch der Hort unserer Bergschule, in die ich 1960 eingeschult wurde“, sagt Marianne Ullrich. Ein halbes Jahr habe sie diese Schule besucht, dann sei ihre Familie aus dem heutigen Schloss-Südflügel in eine Wohnung nach Weißenfels-West gezogen. „Ich wurde dann Schülerin der Beuditzschule“, sagt Ullrich.
Sie hat eine ganze Sammlung alter Fotos in Schwarz-Weiß und mit gezackten, leicht vergilbten Rändern herausgesucht, auf denen die Weißenfelserin als Kind auf dem Hof von Schloss Neu-Augustusburg abgebildet ist. Einige Fotografien zeigen sie mit gleichaltrigen Mädchen und Jungen ihrer Schule.
Das Stadtmuseum in Weißenfels sucht Zeitzeugen zur Geschichte von Schloss Neu-Augustusburg zwischen den Jahren 1945 und 1990. Diese Zeitzeugen können ehemalige Bewohner, Vertriebene oder aber auch Mitarbeiter von solchen Betrieben sein, die im Schloss in der Zeitzer Straße 4 zeitweilig ansässig waren. Weil sich während der eingangs genannten Zeitspanne der Hort der nahe gelegenen Bergschule im Schloss befunden hat, außerdem noch ein Kindergarten, werden auch ehemalige Betroffene gebeten, sich an das Museum zu wenden. Darüber hinaus richtet sich der Aufruf an Mitglieder der evangelisch-lutherischen Schlosskirchengemeinde St. Trinitatis.
Alle Zeitzeugen sollten sich mit Martin Wimmer im Schloss in Verbindung setzen. Der Weißenfelser ist Student und absolviert zurzeit ein Praktikum im Museum seiner Stadt. Die Gespräche mit den Frauen und Männern, die das Schlossmuseum unterstützen wollen, werden ausschließlich zur wissenschaftlichen Aufarbeitung per Rekorder aufgezeichnet und anschließend archiviert.
Die ersten Interessenten haben sich inzwischen bei Martin Wimmer gemeldet. Dazu gehören unter anderem Marianne Ullrich, Elisabeth Holzhauser und Lothar Stegemeier. Die drei Zeitzeugen wohnen heute noch in Weißenfels. Weitere Gesprächspartner sind gefragt. Diese können sich noch bis März jeweils von Dienstag bis Freitag in der Zeit von 8 bis 15 Uhr im Stadtmuseum melden und Gesprächstermine mit Martin Wimmer vereinbaren.
Gesprächstermine können (außer montags und auch nicht an den Wochenenden) im Weißenfelser Museum im Schloss vereinbart werden unter der Telefonnummer 03443/30 25 52. (ck)
„Es ist schon sehr lange her, aber ich kann mich dennoch an viele Details erinnern“, erklärt die heute 60-Jährige. Als der Aufruf aus dem Stadtmuseum in der Mitteldeutschen Zeitung zum Ende des vergangenen Jahres erschien, habe sie sich dort gemeldet. „Auch deshalb, weil ich zwischenzeitlich im Museum als Sachbearbeiterin beschäftigt war“, plaudert Marianne Ullrich. Während dieser, wenn auch nur vorübergehenden Zeit hat die Saalestädterin ein Stück Sanierung des früheren Thronsaals miterlebt. Das ehemalige Audienzgemach der Weißenfelser Herzöge komplettiert inzwischen als fünfter und letzter Saal die Barock-Dauerausstellung im Stadtmuseum. Zuvor hatten die Stadt und der Stadtrat zu einer Führung durch das ehrwürdige Gemäuer eingeladen. „Mein Mann und ich waren unter den Besuchern, plötzlich waren die Erinnerungen aus meiner Kindheit zum Greifen nah“, blickt Marianne Ullrich zurück in die Vergangenheit. „Als ich im Thronsaal stand, kam alles wieder hoch - ich war wie aufgewühlt“, beschreibt sie ihre Gefühle.
Was ist aus Hans-Joachim Richter geworden?
Ihre Großeltern seien Flüchtlinge gewesen, aus Tschechien nach Weißenfels gekommen, schildert sie. Oma Hedwig und Opa Josef haben von 1946 bis 1964 im Schloss gewohnt, ist weiter zu hören. Dort betrieb der Großvater auch eine Schuhmacherwerkstatt. 1953 hätten ihre Eltern geheiratet, sie sei ein Jahr später geboren worden. Der Schlosshof sei für sie als kleines Mädchen ein Spielplatz gewesen. „Ich erinnere mich an eine Familie mit zehn Kindern, die unsere Nachbarn waren und an einen Spielfreund, der hieß Hans-Joachim Richter“, berichtet Marianne Ullrich. Gerne würde sie wissen, was aus ihm geworden ist, bekennt die Frau. Die Schlosskirche sei damals noch unsaniert gewesen, ein blinder Mann hätte ihr und Nachbarskindern Märchen und Geschichten erzählt. „Das war jedesmal ganz spannend“, gerät sie noch heute ins Schwärmen.
Lesen Sie auf der nächsten Seite weiter, woran sich Marianne Ullrich noch aus ihrer Kindheit erinnert.
Abenteuerlich habe sie ihre Kindheit auch insofern erlebt, weil sich der Kohlenkeller auf der anderen Seite des Schlosses befunden habe - Marianne Ullrich verweist auf den heutigen Museumseingang. Von dort aus ging es nicht ins jetzige Schlosscafé, sondern scharf nach links. Der Weißenfelser Live-Club nutzte das verschlagähnliche Quartier über mehrere Jahre als Büro. Marianne Ullrich erinnert sich noch an Zeiten, als dort Silke Koschitzki mit einem Computer saß, meint sie lachend.
Das Stadtmuseum in Weißenfels sucht Zeitzeugen zur Geschichte von Schloss Neu-Augustusburg zwischen den Jahren 1945 und 1990. Diese Zeitzeugen können ehemalige Bewohner, Vertriebene oder aber auch Mitarbeiter von solchen Betrieben sein, die im Schloss in der Zeitzer Straße 4 zeitweilig ansässig waren. Weil sich während der eingangs genannten Zeitspanne der Hort der nahe gelegenen Bergschule im Schloss befunden hat, außerdem noch ein Kindergarten, werden auch ehemalige Betroffene gebeten, sich an das Museum zu wenden. Darüber hinaus richtet sich der Aufruf an Mitglieder der evangelisch-lutherischen Schlosskirchengemeinde St. Trinitatis.
Alle Zeitzeugen sollten sich mit Martin Wimmer im Schloss in Verbindung setzen. Der Weißenfelser ist Student und absolviert zurzeit ein Praktikum im Museum seiner Stadt. Die Gespräche mit den Frauen und Männern, die das Schlossmuseum unterstützen wollen, werden ausschließlich zur wissenschaftlichen Aufarbeitung per Rekorder aufgezeichnet und anschließend archiviert.
Die ersten Interessenten haben sich inzwischen bei Martin Wimmer gemeldet. Dazu gehören unter anderem Marianne Ullrich, Elisabeth Holzhauser und Lothar Stegemeier. Die drei Zeitzeugen wohnen heute noch in Weißenfels. Weitere Gesprächspartner sind gefragt. Diese können sich noch bis März jeweils von Dienstag bis Freitag in der Zeit von 8 bis 15 Uhr im Stadtmuseum melden und Gesprächstermine mit Martin Wimmer vereinbaren.
Gesprächstermine können (außer montags und auch nicht an den Wochenenden) im Weißenfelser Museum im Schloss vereinbart werden unter der Telefonnummer 03443/30 25 52. (ck)
Früher lagerte hier die Braunkohle, die der Vater von Marianne Ullrich mit Pappeimern über eine Art Seilwinde von unten nach oben in die Wohnung beförderte. „Das fand ich als Kind wahnsinnig aufregend“, erzählt die Zeitzeugin. Die vielen Treppenstufen bis zu den beiden hohen Wohnräumen hatten es in sich. Manchmal erhielt sie als Kind, das unten spielte und Hunger bekam, eine Tüte mit einem Brötchen darin. „Meine Mutter hatte mir nachmittags das Essen mit einem Strick durchs Fenster auf den Schlosshof heruntergelassen“, sagt Marianne Ullrich.
Doch so ein Leben in einem alten kaputten Schloss sei für ein Kind nicht nur abenteuerlich verlaufen. „Ich kann mich auch an gruselige Momente erinnern. Es gab eine Wendeltreppe, die mir immer, wenn das Licht im Flur ausging, höllisch Angst machte. Und hinter dem Küchenherd ging meine Mutter auf Mäusejagd“, so Ullrich. (mz)
