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Wunschkandidat kommt in den Ort

Von Holger Zimmer 27.10.2006, 20:44

Goseck/MZ. - Daniel Schilling-Schön hat sich inzwischen in Goseck eingerichtet. Mit seiner Frau Antje (32) und den Kindern Joseph (5) sowie Nathanael (1) hat er die letzten schönen Tage im Pfarrgarten genutzt. Der 35-Jährige wurde während eines Gottesdienstes in Eulau ins Amt eingeführt und hat sich inzwischen in seinem Pfarrbereich vorgestellt. Bei Christen und Nichtchristen, wie er betont, denn die Grenzen seien für ihn fließend und ihm Leute, die nur zu Weihnachten in die Kirche kommen, ebenso lieb wie alle anderen. Schon während der Wende habe er erlebt, wie Menschen, auch solche mit Parteibuch, plötzlich nach einer Orientierung und neuen Inhalten suchten.

Schilling-Schön stammt aus einer Pfarrerfamilie. Er wurde in Halle geboren und kam über Wolfen nach Niedergebra bei Nordhausen. Es war noch jene Zeit, als der christliche Glaube eben nicht als Selbstverständlichkeit von der Gesellschaft akzeptiert worden wäre und es fast undenkbar gewesen sei, dass seine Frau aus christlichem Elternhaus hätte Medizin studieren können. Im nächsten Jahr, wenn der Jüngste in die Kindereinrichtung geht, will sie als Augenärztin übrigens wieder täglich zur Arbeit in die Universitätsklinik nach Halle fahren.

Der Neu-Gosecker studierte zunächst Germanistik und Geschichte. "Einfach, um etwas anderes zu tun", räumt er ein, für den die sonntäglichen Gottesdienste immer eine Selbstverständlichkeit waren. . . . um dann doch ein Theologiestudium zu beginnen, weil er den damit verbundenen Beruf auch als seine Berufung verstand. In seine Heimat im Südharz kehrte Daniel Schilling-Schön als Helfer im Verkündigungsdienst zurück. Es war für ihn wie ein Praktikum, um zu wissen, was ihn später erwarten würde. Danach absolvierte er ein Vikariat im Naumburger Dom und lernte von Pfarrer Michael Bartsch Dinge wie Gottesdienst-Gestaltung, aber auch die Öffentlichkeitsarbeit.

Die Gosecker - zum Kirchspiel gehören noch Markröhlitz, Pettstädt und Eulau sowie zum Pfarrbereich außerdem die Orte Dobichau, Pödelist und Großjena - hatten sich den nun 35-Jährigen schon vor zwei Jahren als Pfarrer gewünscht, als Ulrich Beer in den Ruhestand ging. Seinerzeit war er selbst schon mal in dem kleinen Ort, doch "Wünsche sind das eine, die Entscheidungen aber treffen andere". Sieben Orte seien für ihn nun eine überschaubare Größe, aber auch groß genug, um nicht dem Rotstift zum Opfer zu fallen. Eine Größe aber ebenso, in der es Zusammenhalt gebe, in der der Pfarrer jenen schnell besuchen könne, der ihn im Krankheitsfalle brauche. Das Stichwort Seelsorge fällt. Und wichtig sei ihm die Arbeit mit der Jugend, die es heute teilweise ohne Lehr- und Arbeitsstelle besonders schwer habe. Bestehe Bedarf, lasse er sich gern auch in den Jugendklub einladen. Und natürlich setzt Daniel Schilling-Schön in einer unruhigen Zeit mit all ihren Ängsten auf Toleranz - mit anderen Menschen und Religionen.

Der neue Pfarrer will versuchen, eigene Sichten ins Gemeindeleben einzubringen. So schwebt ihm in Dobichau eine große Martinsfeier für alle sieben Dörfer vor und in Goseck ein Elisabethfest. Er könnte sich außerdem Gottesdienste in der Schlosskirche angesichts der dortigen musikalischen Leistungsfähigkeit vorstellen.

Der neue Pfarrer mag Fußball spielen, wandert gern und fährt Rad. Er liest Georg Büchner und den Amerikaner John Irving und hat einen Faible für moderne Kunst. So mündete eines der von ihm betreuten Projekte - für das er als künstlerischen Leiter einen Mitarbeiter der Hochschule für bildende Künste in Dresden gewann - in Laucha schon in eine Ausstellung. Gleiches könnte er sich auch in seinem neuen Heimatort vorstellen. "Schließlich haben schon unsere Vorfahren ihren Glauben sichtbar gemacht." Da könne jeder - jenseits von Popcorn-Kultur und Fernseher - auch über Inhalte nachdenken. "Denn ich kann zwar von der Kanzel einen Weg zeigen, aber keine vorgefertigten Antworten geben. Wir können nur gemeinsam Wege suchen."