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Wohnstätte in Langendorf Wohnstätte in Langendorf: Der besondere Bauernhof für traumatisierte Kinder

Von Andreas Richter 10.08.2015, 12:37

Langendorf - Die beiden Mini-Kühe Lotta und Maya grasen genüsslich in ihrem Revier. Dazu ein Kälbchen, seit drei Wochen auf der Welt. „Die Kinder kümmern sich um sie. Tiere sind pädagogisch sinnvoll. Die Beschäftigung mit ihnen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit“, berichtet Steffen Neumann, Geschäftsführer des Instituts für Wirkungsvolle Sozialarbeit (iws). Das Institut mit Sitz in Leipzig ist Träger des Kinderbauernhofs Burgenland im Weißenfelser Ortsteil Langendorf.

Der Allianz Kinderhilfsfonds Berlin/Leipzig wurde 1995 gegründet. Hauptzweck ist die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, die aus gesundheitlichen und familiären Gründen nicht bei ihren Eltern leben. Laut Verein konnten seit Gründung bereits rund 700 Projekte im Nordosten Deutschlands unterstützt und mehr als drei Millionen Euro Spenden eingenommen.

In der Wohnstätte mit einem großzügigen Außengelände, mit Tieren, Beeten und einem Gewächshaus leben zurzeit sechs Jungen zwischen acht und zehn Jahren. Jungen, deren Kindheit bislang wenig glücklich verlaufen ist, teils vernachlässigt, mit Entwicklungsstörungen und traumatisiert. Wenn den Kindern anderswo nicht mehr wirkungsvoll geholfen werden kann, dann setzt das Angebot der Langendorfer Wohnstätte an.

Seit der Eröffnung Anfang 2012 haben Steffen Neumann und Anne Hoffmann, die Leiterin des Kinderbauernhofes, die Erfahrung gemacht, dass der Bedarf an solchen speziellen Betreuungsplätzen groß ist. Deshalb auch hat iws in der Zwischenzeit zwei weitere Einrichtungen eröffnet. In Langendorf und Possenhain haben sie im vergangenen Jahr je ein Einfamilienhaus gemietet, in dem jeweils vier Heranwachsende im Alter bis zu 18 Jahren leben können.

Doch zurück zum Kinderbauernhof. Maximal sechs Kinder werden dort rund um die Uhr von zwanzig pädagogischen Mitarbeitern betreut. Auch jetzt ist die Einrichtung, in der die Kinder höchstens zwei Jahre bleiben, also voll belegt. „Wir haben jedes Jahr mehr als 50 Anfragen“, sagt Steffen Neumann. Vermittelt werden die jungen Bewohner deutschlandweit über die Jugendämter jener Landkreise, in denen die Kinder bislang lebten. Von den Jugendämtern kommt auch das Geld für die Betreuung der Kinder in Langendorf - ein Tagessatz von 211 Euro pro Kind.

Einzelzimmer für Kinder

Ein durchaus enger Rahmen. Umso dankbarer ist der Träger des Bauernhofes für finanzielle Unterstützung. So wie eine Spende vom Allianz Kinderhilfsfonds Berlin/Leipzig, die Antje-Katrin Winkler von der Allianz-Generalvertretung in Naumburg vor wenigen Tagen überreicht hat. Die 5.000 Euro sollen für einen neuen Zaun an der Pferdekoppel verwendet werden.

Ein freudiger Moment auch für Benny. Der Elfjährige ist einer der Jungen im Bauernhof, die alle in einem Einzelzimmer wohnen. Jeder von ihnen hat im Alltagsleben eine spezielle Aufgabe. „Benny ist unser Meteorologe“, erzählt Anne Hoffmann und der Junge nickt. Jeden Tag beobachtet er das Wetter und sagt den anderen Kindern am Frühstückstisch, was sie am besten anziehen sollen. „Die Kinder brauchen am Tag klare Strukturen“, spricht Leiterin Anne Hoffmann über den Alltag auf dem Bauernhof, zu dem der Besuch einer Schule in der Umgebung gehört.

Jetzt aber sind Sommerferien, und auf dem Programm stehen in dieser Zeit auch zwei Fahrten. Die eine führte an die Talsperre Kriebstein in Sachsen, die andere nach Leutenberg ins Schiefergebirge. „Das sind ganz wichtige Höhepunkte für unsere Kinder“, sagt Steffen Neumann. Die anderen Ferienwochen standen und stehen jeweils unter einem bestimmten Thema. Das Leben der Indianer zum Beispiel, oder eben ein Tierprojekt, bei dem man einen „Pferde-Führerschein“ machen konnte.

Während die Leiterin über den Ferien-Alltag erzählt, hat Benny keine Zeit mehr. Ein Erzieher ruft die Kinder freundlich, aber bestimmt aus ihren Zimmern. Es ist Tierstunde. Nicht nur die beiden Minikühe und das Kälbchen wollen umsorgt sein. Da hoppeln zwei Hasen im Gehege, und da stehen zwei Therapiepferde auf der Koppel, die nun bald einen neuen Zaun erhalten wird. (mz)