Weißenfels Weißenfels: Frieda Lindner feiert 100. Geburtstag
WEISSENFELS/DEHLITZ/MZ. - Sie ist 1911 als zweitjüngstes von vier Geschwistern noch zu Kaisers Zeiten geboren und eingeschult worden, hat zwei Weltkriege überlebt, ihr ganzes Leben lang gearbeitet und bis vor drei Jahren noch im eigenen Haus gewohnt. Am Mittwoch feierte Frieda Lindner, eine gebürtige Dehlitzerin, ihren 100. Geburtstag im DRK-Altenpflegeheim in der Weißenfelser Marienstraße sowie mit der ganzen Familie in Dehlitz. Das brachte ihr die Glückwünsche von Oberbürgermeister Robby Risch, der auch im Namen des sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten gratulierte, Landrat Harri Reiche und der Dehlitzer Ortsbürgermeisterin Christine Krößmann ein.
Und sogar Enkelin Dagmar Seiboth, eines von fünf Enkelkindern, ist aus diesem Anlass aus Kanada zu Besuch gekommen. Außerdem kann die alte Dame auf zwei Töchter, sieben Urenkel und sogar zwei Ururenkel verweisen. Der jüngste ist gerade ein halbes Jahr alt.
"Mit 90 Jahren hat sie noch den Garten umgegraben", erinnert sich Tochter Gisela Hocher. Der Gartenbau war Arbeit und Leidenschaft zugleich, das hat Frieda Lindner von der Pike auf gelernt. Den Beruf des Gärtners hat sie auch an die Töchter Gisela und Sigrid "vererbt" und an ebenjene Enkelin, die nun in Kanada lebt und Landschaftsarchitektur studiert hat.
Ihren Ehemann hat sie 1930 geheiratet, mit ihm ein Haus gebaut und einen eigenen Betrieb gegründet. "Noch heute ist sie stolz auf ihn. Vor 20 Jahren starb er und sie vermisst ihn noch heute", erzählt Siegmar Seiboth. Er besuche seine Oma jeden Sonntag in ihrem neuen Zuhause. Und zu großen Familienfeiern werde sie immer abgeholt, da sei sie immer mittendrin. "Sie ist ein Mensch, mit dem man sich wirklich gern umgibt", sagt er.
Gefragt nach dem Geheimrezept für so ein hohes Alter glauben die Enkel Siegmar Seiboth, Astrid Ritter und Verena Reischke, dass "ihre Gelassenheit, frische Luft und ganz viel Kartoffeln" Gründe sein müssen. Letzteren Grund kommentierte Frieda Linda verschmitzt: "Ich brauchte ja Kraft." Vor allem als ruhebewahrende Schlichterin in der Familie, samstägliche Bäckerin von Streuselkuchen und Köchin leckerer Hefeklöße, schwärmen die Nachkommen noch heute.
Doch auch wenn das nun nicht mehr möglich ist, nimmt die Jubilarin regen Anteil am täglichen Geschehen. Sie liest die MZ - dafür brauche sie noch nicht einmal eine Brille, sagt Tochter Gisela Seiboth -, löst Kreuzworträtsel und mag Sendungen im MDR. Und sie mag es, zu singen. "Frau Lindner, stimmen Sie mal an", werde sie regelmäßig von den Mitarbeitern des Altenheims aufgefordert und komme dem gern nach.
Sie brauche nicht einmal Tabletten, lediglich mit dem Laufen gehe es nicht mehr, staunt Astrid Ritter. "Ich bin froh, dass sie da ist. Sie ist die gute Seele und ich war schon als Kind gerne und viel bei ihr", erinnert sie sich. Sie sei ein sehr großzügiger Mensch und ihr Alter nehme sie mit Humor, erzählt Enkelin Verena Reischke. "Als in der Familie jemand 95 wurde, hat sie gesagt, so alt wolle sie nie werden." Auch die scherzhafte Frage "wie lange muss ich denn noch?" würde sie ab und an stellen, ebenso gebrauche sie gern den Spruch "ihr wollt doch nur mit mir angeben", ergänzt Astrid Ritter lächelnd.