Wegen Bauarbeiten an der Großen Kalandstraße: Wegen Bauarbeiten an der Großen Kalandstraße: Zwangsurlaub für Gaststätte Kim

Weißenfels - Die Baustellen an der Großen Kalandstraße und an der Leipziger Straße in Weißenfels strapazieren die Unternehmer. Bauzäune behindern die Kunden, Krach ist nervtötend.

Claudia Stödter vom Restaurant Kim in Weißenfels reicht es. Ab Juli schließt die Gaststätte an der Großen Kalandstraße für vier Wochen. Familie Stödter wird endlich mal Urlaub machen - Zwangsurlaub. Es kommen kaum noch Gäste. Das ist so, seitdem die Straße saniert wird. „Früher konnten wir uns wirklich nicht beklagen“, erinnert sich Claudia Stödter. Aber momentan muss das Unternehmen Einbußen von etwa 70 Prozent pro Tag verkraften. Bevor sie irgendwie weiter die laufenden Kosten mit minimaler Kundschaft bewältigen, machen sie lieber notgedrungen frei.

Abwasseranlagen werden gebaut

Es geht nicht nur ihr so. Die Zeiten sind auch für Bäckermeister Sven Schmidt in Weißenfels schwer. Seit Wochen ist sein Geschäft an der Leipziger Straße fast schon abgeschnitten von der Welt. Schwere Bagger schieben Bausand hin und her, Rüttler ebnen die Erde. Ein mehrere Hundert Meter langer Bauzaun drängt sich an die Fassade. Er lässt nur wenig Raum für Passanten auf dem Bürgersteig.

Der Grund liegt darin, dass in der Leipziger Straße Abwasseranlagen gebaut werden.

Laufkundschaft hat merklich nachgelassen. „Aber Stammkunden halten die Treue“, sagt der 49-Jährige. Neue gibt es auch, wenn auch nur auf absehbare Zeit. Es sind die Bauarbeiter. Morgens vor der Arbeit holen sie sich Frühstück. Sie fühlen mit dem Unternehmer. Wenn sie können, ziehen sie den Zaun so weit weg vom Geschäft in Richtung Baustelle, wie es möglich ist. Die Nachbarschaft schafft freundschaftliche Bande.

Verkürzte Öffnungszeiten

Seit einiger Zeit bietet Sven Schmidt ihnen auch ein Mittagessen an. „Mit Würstchen und Bouletten“, sagt der Bäckermeister. Das reicht aber nicht aus. 50 Prozent Einbußen, schätzt er ein. Die Öffnungszeiten sind nun verkürzt. Um 12 Uhr schließen die Türen. So spart der Unternehmer laufende Kosten und er kann die Zeit sinnvoll nutzen. Mit Brotbacken. „Ich probiere jetzt einfach mal neue Rezepte aus“, erzählt er. Zum Beispiel sein Spargelbrot mit Schinken drin. „Es schmeckt tatsächlich nach Spargel“, ist er auf das Ergebnis stolz. Auf die Stadt ist er nicht sauer. Die Straße müsse ja mal gemacht werden, weiß der Mann. „Sie haben mir einen Platz auf dem Markt überlassen“, erzählt Sven Schmidt weiter. Dorthin bringt er zum Beispiel donnerstags seinen mobilen Ofen und bäckt für die Kundschaft das Brot direkt am Platz. Der Mann führt das Geschäft in dritter Generation. Gegründet wurde es 1931 vom Urgroßvater. Er hofft, dass er durchhält. „Das werden noch schwere Jahre“, sagt er. Denn Sven Schmidt hat gehört, dass die Baustelle vor seiner Nase komplett erst 2020 abgeschlossen sein soll.

Die Sanierung der Großen Kalandstraße unterteilt sich in drei Bauabschnitte. Momentan wird zwischen der Fischgasse und der Kleinen Kalandstraße gebaut. Anschließend wird ab dem 25. Juli zwischen Kleiner Kalandstraße und Krummer Gasse saniert.

Im dritten Bauabschnitt finden die Bauarbeiten vom 4. Oktober bis zum 17. Dezember statt. Schätzungsweise 600.000 Euro sind dafür eingeplant. Grund der Sanierung ist das Hochwasser im Jahr 2013 gewesen. Die Straße war stark überflutet.  ahr

Auf MZ-Nachfrage gibt es allerdings gute Nachrichten zu diesem Thema. „Die Baustelle soll Ende November beendet sein“, sagt die Pressesprecherin der Stadt, Katharina Vokoun. Dann soll die Kreuzung fertig sein.

In den Jahren 2017 und 2018 wird sich in Weißenfels auf andere Projekte konzentriert, beruhigt sie weiter. Im Jahr 2019 wird dann vom Markt aus bis zur Promenade die Strecke erneuert. 2020 ist die Straße vom Töpferdamm in Richtung Avendi-Wohnpark bis hin zur Hohen Straße dran. „Das sind alles Abschnitte, von denen die Bäckerei nicht mehr unmittelbar betroffen sein wird“, so die Pressesprecherin.

Trotz alledem: Es geht vorwärts

Auch an der Kalandstraße gibt es nicht nur schlechte Nachrichten. „Es geht gut vorwärts“, sagt Steffen Dettmar. Er ist mit seinem Unternehmen für Baubedarf übergangsweise von der Großen Kalandstraße an die Markwerbener Straße gezogen. Vor allem gefiel ihm die Qualität des Händlerstammtisches vor wenigen Tagen. „Sie haben uns gezeigt, was in Zukunft noch alles in Weißenfels an baulichen Maßnahmen geschehen wird. Ich hätte mir nur gewünscht, dass die Zusammenkunft vor dem Baubeginn in der Großen Kalandstraße stattgefunden hätte“, sagt er. Dann hätten die betroffenen Anwohner und Unternehmer gewusst, was auf sie zukomme. Auch Uwe Pösniger, Händler für Fahrräder und Zubehör, schaut zufrieden auf die derzeitigen Pflasterarbeiten direkt vor seinem Geschäft. „Es geht doch gut voran“, freut er sich. (mz)