Vor 25 Jahren Sonnenobservatorium entdeckt Vor 25 Jahren Sonnenobservatorium entdeckt: Flieger von Goseck fand Sensation zufällig

Weißenfels - Der Pilot Otto Braasch konnte sein Glück kaum fassen. Als er Anfang der 1990er Jahre mit seinem Kleinflugzeug von Bayern nach Halle flog, machte er über dem Burgenlandkreis eine unglaubliche Entdeckung. „Plötzlich tauchten unter mir in einem Feld die Umrisse einer alten Kreisgrabenanlage auf“, erzählt der heute 80-jährige gebürtige Niedersachse, der in Baden-Württemberg lebt. „Ich habe mich wie ein Kind gefühlt, das zu Ostern Schokoladeneier findet.“
Otto Braasch war seinerzeit Luftbildarchäologe in Bayern und kannte sich mit dem Aufspüren von historischen Stätten aus der Luft aus. Der Fund von Goseck war allerdings reiner Zufall. Tatsächlich war es damals sein erster Flug über Ostdeutschland. „Ich war eigentlich auf dem Weg zum Landesamt für Denkmalpflege in Halle“, erzählt der Rentner der Mitteldeutschen Zeitung am Telefon. Dort wollte er über Aufträge in Sachsen-Anhalt verhandeln.
Luftbilder waren zu DDR-Zeiten verboten
„Luftbilder waren zu DDR-Zeiten verboten, deswegen war der Osten eine einzige weiße Landkarte“, sagt der ehemalige Oberstleutnant der Bundeswehr, der in seiner aktiven Zeit bei der Luftwaffe Flugzeuge wie den Starfighter oder den Tornado geflogen ist.
Und so gab es nach dem Fall der Mauer jede Menge Nachholbedarf in Sachen Luftfotografie. Bei seinem Eintreffen in Halle konnte er den Kollegen gleich von dem sensationellen Fund berichten, den er zufälligerweise bei der Anreise gemacht hatte.
In einer Höhe von etwa 400 bis 600 Metern fotografierte Otto Braasch
In einer Höhe von etwa 400 bis 600 Metern fotografierte Otto Braasch die Umrisse der alten Kreisgrabenanlage mit seiner Kamera aus dem offenen Fenster seiner Cessna. „Ich hatte damals eine Leica, weil die am zuverlässigsten war“, erzählt Otto Braasch. Mehrere Runden flog er über Goseck und fotografierte die Anlage, gesteuert hat er sein Flugzeug dabei mit den Pedalen. „In der Literatur waren solche Kreisgrabenanlagen schon länger bekannt. Deswegen wusste ich auch auf den ersten Blick, worum es sich dabei handelt.“
In den kommenden Monaten flog Braasch wiederholt in Goseck vorbei, um weitere Aufnahmen für das Landesamt für Denkmalpflege zu machen. Später beobachte er auch die Ausgrabungen und den Nachbau des Sonnenobservatoriums, wenn er mit dem Flugzeug vorbeiflog. Zur Eröffnung der Anlage wurde er zwar eingeladen. Allerdings nahm er nicht daran teil und hat die historische Stätte auch bis heute niemals am Boden besucht. „Dafür war mir der Weg aus Süddeutschland dann doch zu weit“, sagt er. Außerdem würden viele Bodenarchäologen, wie er sie nennt, häufig vergessen, wem sie ihre Funde eigentlich zu verdanken haben. Der Pilot fühlt sich einfach in der Luft am wohlsten, dort ist er in seinem Element.
Gosecker Fund für Otto Braasch nur einer von vielen
Bei aller Freude war der Gosecker Fund für Otto Braasch, der weite Teile Deutschlands aus der Luft fotografiert hat, nur einer von vielen. „Ich habe Siedlungen, Grabanlagen, Römerlager und Schlachtfelder entdeckt“, erzählt er. Was davon am interessantesten war, könne er nicht mehr sagen. Goseck sei mit 7.000 Jahren natürlich besonders alt und damit etwas ganz besonderes. „Aber am aufregendsten ist es immer noch, wenn man eine Stätte jahrelang sucht und sie dann endlich findet“, sagt er. „In Goseck hatte ich vor allem Glück.“
Und auch heute im hohen Alter fliegt der rüstige Rentner immer noch gern mit seiner Cessna. „Ich fahre schließlich auch immer noch Auto“, sagt Otto Braasch und lacht. Allerdings lasse er sich regelmäßig von seinem Arzt untersuchen und der hätte bisher noch keine Bedenken gehabt. „Fliegen ist einfach meine große Leidenschaft. Ich fliege so lange, bis mich mein Arzt aus dem Flugzeug zerrt“, sagt der Pilot und lacht wieder. (mz)
