Stadtumbau Hohenmölsen Stadtumbau Hohenmölsen: Heiß auf Terrasse

Hohenmölsen - Die Wobau in Hohenmölsen hat schon oft überrascht. Mal entschied sich der Wohnungsanbieter für die Abrissbirne, mal hübschte er auf, veränderte Grundrisse, stellte die Badewanne ins größte Zimmer einer Wohnung, schuf Rampen und Stellplätze für Rollatoren und reagierte auf den Wunsch nach Mietergärten. „Wenn du nicht auf die Mieter eingehst, gehst du früher oder später selber ein“, sagt Geschäftsführer Ronald Luckanus und präsentierte gestern das Sahnehäubchen aller bisherigen Anstrengungen, Wohnraum in Hohenmölsen noch attraktiver zu machen.
In der August-Bebel-Straße sind durch das gezielte Entfernen von Platten Terrassenwohnungen entstanden. Das ist laut Luckanus einzigartig im Burgenlandkreis. Wohnungsanbieter aus Weißenfels und Zeitz wollten das aus nächster Nähe sehen. Nicht wenige Hohenmölsener schmiedeten Pläne eines Umzugs.
Die Wobau dient mit dieser gänzlich veränderten Architektur der DDR-Wohnungsbauserie (WBS) 70 als Vorreiter und Pilotprojekt, was durch das Land und die Europäische Union gefördert wird. Mehr noch: Sie setzt die Artenvielfalt von bislang rund 20 verschiedenen Grundrissen der rund 2 000 Wohnungen in der Stadt fort.
Die Stadt Hohenmölsen arbeitet seit vielen Jahren nach dem integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK). Es zeichnet eine Entwicklung der baulichen, wirtschaftlichen, sozialen und der Bevölkerungsstruktur auf.
Das Dokument sieht für das Jahr 2020 in der Gesamtstadt rund 4 100 Haushalte vor. Der Trend zu kleineren Haushalten wird sich abgeschwächt weiter fortsetzen. Auf der Grundlage einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 1,8 Personen je Haushalt ergibt sich im Jahr 2025 eine Haushaltszahl von 3 709.
Mit sinkender Zahl der Bevölkerung bei gleichbleibendem Wohnungsbestand wird sich laut ISEK der Lehrstand bis zum Jahr 2020 auf etwa 1 200 Wohnungen erhöhen. Damit würde knapp ein Viertel aller Wohnungen nicht mehr bewohnt sein.
„Hohenmölsen schrumpft. Hinzu kommt, dass die, die hier leben, sich intensiver als früher, wohlfühlen wollen. Die Ansprüche sind gewachsen“, betont Luckanus. Der Flächenbedarf je Mieter sei deutlich gestiegen. Seien es vor zwei Jahrzehnten rund 18 Quadratmeter gewesen, strebe heute ein Mieter mindestens 30 an. Singles würden Zwei- bis Dreiraumwohnungen anvisieren. „Da bewegen wir uns als Dienstleister hin, damit die Bevölkerungszahlen nicht weiter in den Keller gehen“, so Luckanus. Heißt: Den Leerstand von derzeit 15,2 Prozent möglichst stabil halten und zu moderaten Preisen das Angebot bereichern.
Nun also Terrassen. „Abgetreppt“ nennt Architekt Günter Wenzel das neue gelb-grüne Antlitz des Plattenbaus. Stimmt, irgendwie erinnert es an den Bau des „Panorama“-Hotels in Oberhof. 99 Wohnungen unterschiedlicher Raumgröße hatte der Block vor seiner Veränderung. Am Ende der Sanierung werden es nur noch 81 - plus zehn Terrassen mit einer Größe von bis zu 30 Quadratmeter sein. Im Erdgeschoss entstehen 14 barrierefreie Wohnungen, die über einen Wall mit Schrägen zu erreichen sein werden. „Dafür nehmen wir 1,5 Millionen Euro in die Hand und setzen mitten in der Stadt ein Ausrufezeichen“, resümiert der Geschäftsführer. Die Mieten werden nur geringfügig steigen, ist zu hören. Eine Dreiraumwohnung von 70 Quadratmetern mit Terrasse kostet 638 Euro plus monatlich 50 Euro für die Freifläche.
„Ich wohne seit 1978 in Hohenmölsen Nord“, erzählt Heike Pfleger. „Es ist alles wunderschön hier“, urteilt die 53-Jährige, die im Liegestuhl gleich einmal Probeliegen machte. „Ich spekuliere schon mit einem Umzug“, gibt sie zu.
Helga Weise war von gegenüber gekommen. Dort vermietet die Wohnbau Theißen die Wohnungen. „Über 30 Wohnungen stehen bereits leer“, erzählt die 66-Jährige und zeigt sich enttäuscht. „Hier sieht man mal, was aus der Platte gemacht werden kann, wenn man will. Die Wohnungen sind nicht wieder zu erkennen. Ich bin restlos begeistert. Schade“, so bedauert sie, „dass bei uns nichts gemacht wird.“ (mz)

