Spurensuche an der Saale Spurensuche an der Saale: Wo man früher in Weißenfels mit der Fähre fahren konnte

Weißenfels - In seinem Garten am Weg nach der Marienmühle ist Siegfried Wächter von Radtouristen schon oft gefragt worden, wie diese zur Fähre gelangen. In den Sommermonaten, so der Gartenpächter, höre er die Frage nahezu jedes Wochenende. Siegfried Wächter muss die Besucher dann stets enttäuschen.
Obwohl der Weg nach der Marienmühle nach einer Weile in den Weg „An der Fähre“ übergeht, gibt es dort keinen Kahn zum Übersetzen. Siegfried Wächter kann sich auch nicht erinnern, dass es dort jemals eine Fähre über die Saale gegeben hat.
Weißenfelser erinnert sich an erste Überfahrt über die Saale
Mancher Weißenfelser aber ist selbst noch mit der Fähre an der besagten Stelle übergesetzt. Ganz genau erinnert sich beispielsweise Karl-Heinz Schulz an seine Überfahrt im Jahr 1953. Denn er ist damals als Malerlehrling mit einem Handwagen übergesetzt, um das Fährhäuschen zu streichen.
Er erinnere sich deshalb noch so genau daran, da er damals frisch in die Saalestadt gezogen war, um bei Malermeister Kurt Völker zu lernen. „Ich war neu in Weißenfels. Da merkt man sich so etwas“, erzählt der Senior 65 Jahre später.
Das Fährhäuschen von früher ist heute eine Gartenlaube
Das Fährhäuschen, das er einst gestrichen hat, steht übrigens noch heute. Es wird mittlerweile als Gartenlaube genutzt. In seiner Jugendzeit, erzählt Karl-Heinz Schulz ist in der Saale sogar noch gebadet worden. Etwa im Flussbad an der Robinson-Insel. „Später war ja so viel Dreck drin“, sagt der Senior. Wann Flussbad und Fährbetrieb schließlich eingestellt worden sind, das kann er nicht genau sagen.
So viel hat eine Überfahrt früher gekostet
Auch Hans-Joachim Stehlik ist sich nicht sicher. Zwischen 1961 und 1962 könnte Schluss gewesen sein, vermutet er. An den Fährbetrieb hat auch er noch Erinnerungen. Zwei Fährmänner, vermutet er, hätten sich damals im Schichtbetrieb abgewechselt und die Fähre mit Hilfe von Seilwinde und Führseil von einem Ufer zum anderen gebracht. Ganz genau in Erinnerung ist ihm der Preis. Fünf Pfennig kommt damals eine Überfahrt, bei Hochwasser sind es sogar zehn.
Von den Weißenfelsern sind die Überfahrten insbesondere an den Wochenende gern angenommen worden. „Samstag und Sonntag war die Fähre voll“, erzählt Hans-Joachim Stehlik. Schließlich befand sich im Bootshaus ein beliebtes Ausflugslokal, wo Kaffee und Kuchen serviert worden ist.
Auch an diesen Stellen konnte per Fähre übergesetzt werden
Und diese Fährverbindung war mitnichten die einzige. Denn auch Françoishaus, nahe der heutigen Pfennigbrücke, gab es einst eine provisorische Fährverbindung nach dem Krieg. Ein drittes Boot setzte hinter der Gaststätte „Saalestrand“ über. Diese Fährverbindung ist einst von den Arbeitern aus der Leuna-Siedlung genutzt worden, um schneller zum Bahnhof und zur Arbeit zu gelangen.
Die Fähren scheinen manchem Weißenfelser noch in bester Erinnerung geblieben zu sein. So berichtet etwa Gerd Krötzsch, wie er als Kind im Uichteritzer Schwimmbad „Neptun“ bei Bademeister Dademasch das Schwimmen gelernt hat und dafür jedes mal mit der Fähre am Bootshaus übergesetzt ist. „Als ich später im Alter von 15 Jahren im April 1957 Mitglied in der Sektion Rudern der BSG Empor Weißenfels wurde, war die Fähre noch im Betrieb“, versichert er.
Siegfried Wächter muss die Radtouristen an seinem Garten nun zwar immer noch vertrösten. Aber er kann ihnen zumindest erklären, bis wann es die Fähre ungefähr gegeben hat. Und dass dank der Gartenlaube mehr daran erinnert als nur ein alter Straßenname. (mz)


