"Sonor in Weißenfels" "Sonor in Weißenfels": Weitere Informationen und Bilder über die Trommelfabrik
Weißenfels - Bereits beim Lesen des Buches „Sonor in Weißenfels“ stand auf Seite 10 für Vereinschef Olaf Brückner fest: Klaus Ruple muss im Kloster lesen. Das tat der Mittfünfziger am Sonnabendnachmittag dann auch. Er erzählte von seinen Recherchen in der Saalestadt über die Trommelfabrik, die bis Anfang der 1990er Jahre existierte und davon, dass ihn Stadtarchivarin Silke Künzel „gelehrt hat, wie man ein Buch schreiben sollte“. Auch der Name Klaus Koar fällt, der bis zuletzt in der Trommelfabrik gearbeitet hat.
Ob es irgendwann eine erweiterte Ausgabe geben wird? Denn immerhin berichtet Ruple, der von der kleinen Trommel bis hin zum Signalhorn mehr als 100 Sonor-Instrumente auch aus der Weißenfelser Trommelfabrik besitzt, von neuen Erkenntnissen. So habe ihn kürzlich Bernhard Sprenger, der im Schwäbischen nur wenige Kilometer von ihm entfernt wohnt, mit 20 Fotos überrascht. Eines davon zeigt eine Verlobungsfeier bei Firmeneigner Otto Link, bei der Sprengers Oma dabei war.
Autor in Weißenfels: Zweifel, ob die Substanz für eine überarbeitete und erweiterte Auflage reicht
Ruple gibt sich zurückhaltend. Sicher wäre die Familiengeschichte von Unternehmensgründer Link ebenso interessant, wie die Entwicklung nach der Enteignung in Weißenfels 1950. Doch der Schwabe, der seit Jahrzehnten selbst als Schlagzeuger in Bands spielt, hat Zweifel, ob die Substanz für eine überarbeitete und erweiterte Auflage reicht.
Ruple spart bei seiner Lesung nicht mit Anekdoten wie der über die Flucht von Geschäftsführer Otto Link in den Westen. Um einer Zuchthausstrafe wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen zu entgehen, floh er mit Hilfe seines Sohnes erst nach Leipzig und von dort in einem gemieteten Rettungswagen und mit einem angeheuerten Arzt. Bandagiert und nicht erkennbar wurde er mit Martinshorn als „Schwerverletzter“ zur fiktiven Behandlung nach Westberlin transportiert. Dabei wies ihn ein gefälschter Pass als westdeutschen Bürger aus.
Interessenten sind ins Claren-Kloster gekommen, die Erinnerungen an die Trommelfabrik haben
Einige Interessenten sind ins Claren-Kloster gekommen, die Erinnerungen an die Trommelfabrik haben. So berichtet Rudolf Scheibert (85), dass sein Vater dort als Elektriker gearbeitet hat. Auch einen Speiseraum gab es und er habe als Junge oft meist Eintopf zum Mittagessen für den Vater in den Betrieb geschafft. Er wisse noch, dass das beim Säubern der Felle anfallende Fett daheim im Krieg zu Seife verarbeitet wurde. Sein Vater habe auch mal ein Bild bei einem Gewinnspiel bekommen und war außerdem in einem Spielmannszug, in dem er die Trommel geschlagen hat. Einmal habe er daheim das Trommelfell wechseln müssen. Das könnte 1935 zur 750-Jahr-Feier der Stadt gewesen sein.
Zwei Schlagzeuger kamen ebenfalls zur Lesung: Peter Otto (61) und Hugo Sachsenweger (68), die musikalisch immer noch aktiv sind. Otto betont, dass er immer mit einheimischen Schlagzeugen gespielt hätte. Die habe man - im Gegensatz zu anderen Dingen - auch zu kaufen bekommen. Sachsenweger berichtet, dass er mit zwei Musikern bekannt war, die in der Trommelfabrik beschäftigt waren. Er war für sie Ideengeber bei einem Neuererwettbewerb, bei dem Instrumente mit Messingkessel und Verchromung entstehen sollten.
Zwischen 1974 und 1975 in der Trommelfabrik Wirtschaftskaufmann gelernt
Interessant sei gewesen, dass das Mitte der 1970er Jahre zwar abgelehnt worden war, er aber seine Idee kurz nach der Wende in einem Dresdener Geschäft umgesetzt sah. „Die Unterlagen von damals müssen ja noch irgendwo herumgelegen haben“, mutmaßt der Senior, der der Musik treu geblieben ist.
Gunar Möller, der lange Zeit beim Behindertenverband beschäftigt war, hat es ebenfalls zur Lesung gezogen. Er hatte zwischen 1974 und 1975 in der Trommelfabrik Wirtschaftskaufmann gelernt, bevor er zum Studium an die Ingenieurschule gegangen ist. Damals habe er in der Buchhaltung die einzelnen Abteilungen durchlaufen und musste auch Versandscheine schreiben. Er erinnert sich noch, dass damals deren Vervielfältigung mit Blaupapier üblich war. Man muss abwarten, ob solche Dinge mal Stoff für eine Fortschreibung der Betriebsgeschichte werden können. Denn laut Möller soll die alte Betriebschronik unauffindbar sein. (mz)