Porträt Porträt: Viele Leben in einem
Weissenfels/MZ. - In der Küche hängt ein Strauß Rosen. Er hängt an der Wand auf Augenhöhe, ist knapp einen Meter hoch und genauso breit. Die Rosen in der Küche von Damaris Böhme haben wuchtige rot-weiße Blüten - und verwelken nie. Der Strauß ist ein Bild, das sie vor kurzem gemalt hat und selbstkritisch "einen weiteren Versuch, Rosen darzustellen" nennt. Böhme ist Malerin - aber die Bezeichnung greift zu kurz.
Damaris Böhme lebt seit eineinhalb Jahren in Weißenfels. Sie ist dorthin zurückgekehrt, wo sie vor 49 Jahren geboren wurde. Die lebhafte Frau stammt aus Leißling und erinnert sich an eine "behütete und abenteuerliche Kindheit" vor den Toren Weißenfels. Dennoch: Die Abenteuer, die sie als Kind beglückten, genügten der erwachsenen Damaris Böhme nicht mehr. Sie wollte Musik machen, zog dafür und der Liebe wegen nach Leipzig.
"Eine verrückte Zeit", nennt sie die Jahre, die sie kurz vor und nach der Wende in Leipzig verbrachte. Sie war mit einem Musiker liiert, gemeinsam pflegten sie einen Bekanntenkreis mit vielen Künstlern. Damaris Böhme verlegte sich auf "Perückenshows", so ihre Bezeichnung. Sie sang Lieder der großen Damen des Musikgeschäfts, war glatthaarig Cher und mit krausem Haar Whitney Housten, sie sang Hits von Annie Lennox und von Nina Hagen.
In Leipzig entdeckte sie aber auch das, was heute ihr Arbeitsmitelpunkt ist: die gestaltende Kunst. Mit Kollagen habe es angefangen. "Das war gleich ein Erfolg", erinnert sie sich. Danach sah sie die großformatigen, kribbelbunten Bilder des Leipziger Künstlers Michael Fischer Art - und war begeistert: "Die bunten, kräftigen Farben!", schwärmt sie noch immer. Sie habe den Mann kontaktiert, der sie bestärkte, weiterzumalen, erzählt sie.
Daran hielt sie sich. Sie malte und stellte aus, verkaufte, malte neu. Aber immer gab es nebenher noch das andere Leben: Sie lernte Sekretärin im VEB Kombinat Schuhe, arbeitete später bei der Volkssolidarität, nach der Wende als Sekretärin im Universitätsklinikum Leipzig, beim Bezirksgericht, sie war auch mal Küchenhilfe, habe auf dem Bau Zement geschleppt. Dieses andere Leben hat einerseits einen pragmatischen Grund: "Man muss immer etwas Kleines haben, wo Geld herkommt, für Zeiten, wenn's mal schlecht läuft."
Andererseits übte diese regelmäßige Tätigkeit auch einen Reiz aus. Wenn sie früher auftrat, hätte sie viel Bewunderung geerntet, sich darüber auch gefreut, aber am Ende eines langen Abends sei ihr das Künstlerleben manchmal zu unstet erschienen. Da habe sie sich gelegentlich gewünscht, geordnete Arbeitsverhältnisse zu haben.
Bis heute hält Böhme es so: lebt einen geordneten, sicheren Teil - in Weißenfels ist sie für eine Hausmeisterfirma tätig -, aber braucht auch den künstlerischen Teil - Spontaneität, Unplanbares, Ungeplantes. So, wie die Inspiration komme. So hatte sie vor dem Rosenbild Monate lang kaum einen Pinsel in die Hand genommen. Nun sei sie wieder in einer "intensiven Phase", erklärt Böhme: "Jetzt habe ich sehr, sehr viele Ideen im Kopf, die rausmüssen".
Ihr jüngstes Bild heißt "Zukunftsmusik". Man sieht farbigen Untergrund, schwarze Umrandungen, derzeit malt sie silbrig zwischen dem Schwarz. Wenn sie erzählt, was sie tut, während sie mit Pinsel und Farbe vor dem Bild sitzt, klingt das so: "Bass, Schlagzeug, Gitarre verschwimmen, die dunkle Farbe der Musik verschwindet hinter dem Silber der künstlichen Welt, der Zukunft."
Das Gemälde soll zur nächsten Ausstellung fertig sein. Und die findet voraussichtlich im Frühjahr in Magdeburg statt. Zuletzt waren ihre Bilder in Naumburg zu sehen.
Damaris Böhme sagt: "Am glücklichsten bin ich über Bilder, die aus mir selbst herauskommen, wenn ich meine Fantasie umsetze und das dann auch anderen gefällt." Aber sie beschränkt sich nicht auf dieses rein Inspirierte, sie nimmt auch Aufträge an. Die seien oft eine Herausforderung, werden beispielsweise an die Wohnumgebung angepasst oder entsprechen Wünschen der Kunden.
Gleich wie, die Bilder sollen die Fantasie ihrer Besitzer anregen, hofft Damaris Böhme. Und das ist ja dann so, wie Fischer Arts Bilder für sie wirkten.