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Mitarbeiter fühlen sich rausgeworfen

Von BIRGER ZENTNER 09.03.2010, 19:33

KLEINGÖRSCHEN/LEIPZIG/MZ. - Er und seine Frau Renate waren jahrelang im Leipziger Ronald-McDonald-Haus im Einsatz. Mit einem Brief der in München ansässigen Stiftung McDonald's-Kinderhilfe vom 10. Februar sind sie suspendiert. "Ich fühle mich wie vor den Kopf geschlagen", sagt Tiedtke.

Vorausgegangen war dem nach seiner Schilderung ein im Dezember aufgebrochener Konflikt. Damals sei in einer Versammlung vom Stiftungsvorstand darüber informiert worden, dass eine Ehrenamtlerin eine hauptberuflich im Haus beschäftigte Frau gemobbt haben soll. Die Ehrenamtlerin habe ohne weiteren Kommentar Hausverbot bekommen.

"Das hat niemand von uns verstanden", erzählt Tiedtke, "die betroffene Mitarbeiterin ist unseres Wissens nie dazu angehört worden." Pikant an der Sache, bei der ehrenamtlichen Mitarbeiterin handelte es sich um die Frau des Hausleiters Michael Lindner. Da war schon klar, dass dessen Tage in dem Haus gezählt sind. Die Einrichtung dient Eltern - unter ihnen in den letzten Jahren auch Familien aus dem Burgenlandkreis - von schwer kranken Kindern, die in der Leipziger Kinderklinik behandelt werden, zum Übernachten und Beisammensein mit ihren Kindern. Lindner musste gehen und alle 60 Ehrenamtler des Hauses wurden suspendiert, das Leipziger Haus wird derzeit mit Hauptamtlichen aus anderen Einrichtungen der Stiftung betrieben.

"Wir haben gegenüber dem Stiftungsvorstand versucht deutlich zu machen, dass wir mit der Verfahrenweise nicht einverstanden sind", sagt Tiedtke, der der Stiftung mangelnde Achtung vor dem Ehrenamt vorwirft. Dort sieht man das ganz und gar nicht so. "Das zeitweise Ruhen des Ehrenamtes in Leipzig sollte nie die Leistung der ehrenamtlichen Mitarbeiter schmälern", erklärte Stiftungssprecherin Claudia von Bothmer gegenüber der MZ. Sei der Eindruck entstanden, dann bedauere man das sehr.

Für die Ehrenamtler wie Tiedtke ist das kein Trost. Sie wollen vom Stiftungsvorstand eine Entschuldigung oder die Erklärung, dass man einen Fehler gemacht habe. Darauf angesprochen, heißt es, dass es wichtiger sei, gemeinsam nach vorn zu blicken, als gegenseitige Schuldzuweisungen zu machen. Man hoffe, bald wieder in Leipzig zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlern zu kommen, so von Bothmer.

"Im Moment sehe ich allerdings keine Grundlage für eine solche Zusammenarbeit", sagt Tiedtke. Zu tief seien die Gefühle der meisten Ehrenamtler verletzt worden. Er führt die Suspendierung nach wie vor darauf zurück, dass 21 freiwillige Mitarbeiter einen Brief unterschrieben haben, in dem sie gegen den Rausschmiss ihrer Kollegin protestiert hatten. In München rechtfertigt man das Vorgehen damit, dass in den nächsten Monaten die Konditionen für die ehrenamtliche Mitarbeit einer Evaluation, einer Bewertung, unterzogen werden soll. Ein Aspekt dabei ist, ob mehr als drei Stunden Tätigkeit pro Woche - wie jetzt vorgeschrieben - zulässig sind. In der Stiftung will man so der psychischen Überbelastung der Ehrenamtler sowie der Bildung von Hierarchien vorbeugen.

Für Tiedtke ist das ein vorgeschobener Grund. "Nur drei Stunden pro Woche direkt mit den zu betreuenden Familien im Haus tätig zu sein, das ist in Ordnung", sagt er. Aber die Ehrenamtler haben mehr gemacht, Tiedtke zum Beispiel beim Einkauf, andere bei Reparaturen. "Freiwillig und mit Freude", so Tiedtke. Er und seine Mitstreiter wollen gern zurück ins Ehrenamt. Ob das gelingt, ist unklar, denn in München lässt man den Ausgang offen. "Die emotional geführte Meinungsverschiedenheit über die Bedeutung und Anwendung der Stiftungsregeln sollten in Ruhe und mit Abstand gelöst werden", sagt von Bothmer.