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Lützen Lützen: Jugendliche werden vom familienentlastenden Dienst betreut

Von HEIKE RIEDEL 10.03.2014, 16:31
Die Jugendlichen spielen in ihrem Lützener Domizil Billard. Hier sind Hannelore und Peter Nickel (2.u.3.v.r.) und Silke Nickel (2.v.l.) dabei.
Die Jugendlichen spielen in ihrem Lützener Domizil Billard. Hier sind Hannelore und Peter Nickel (2.u.3.v.r.) und Silke Nickel (2.v.l.) dabei. Marco Junghans Lizenz

LÜTZEN/MZ - „Wir bauen hier etwas ganz Neues auf“, sagt Hannelore Nickel über ihren familienentlastenden Dienst, der in den Familien und außerhalb der Familien die Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen anbietet. 15 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von vier bis 19 Jahren, die unterschiedliche Behinderungen haben, hat dieser in und um Lützen bereits in Betreuung.

„Wir sind kein Pflegedienst“, grenzt die Chefin das Aufgabengebiet ab. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehe die Sozialisierung der jungen Menschen, die Einschränkungen im Leben erfahren. Wohin sie mit ihren 13 ehrenamtlichen Helfern will, das erklärt sich am Beispiel Anjas am besten. Zehn Jahre hatten Nickels Anja in ihrer Pflegefamilie, zu der meist noch vier andere Kinder gehörten. In dieser Zeit hat sie trotz einer Behinderung alles gelernt, was sie für ein Leben in Selbstständigkeit braucht. Schrittweise wurde sie über Formen des betreuten Wohnens dann schließlich in eine eigene Wohnung entlassen. Drei Jahre schon geht die junge Frau so ihren eigenen Weg.

Im Paragraf 45 des Sozialgesetzbuches XI (SGB) ist der Personenkreis benannt, der zusätzliche Betreuungsleistungen erhalten kann. Dies sind sowohl Pflegebedürftige mit Pflegestufe, aber auch andere, die Hilfe im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Die Zusatzleistungen bis zu 100 Euro (bei erhöhtem Bedarf bis 200 Euro) werden von der Pflegekasse getragen. Mit dem Geld können sogenannte niedrigschwellige Betreuungsangebote, wie sie der Familienentlastende Dienst (FED) Sucksack in Lützen leistet, finanziert werden. Diese sind solche mit erheblichem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung in Gruppen oder im häuslichen Bereich. Auch die Entlastung und Beratung pflegender Angehöriger gehören dazu.

Gemeinsam mit Anett Friedrich hat Hannelore Nickel vier Jahre lang ehrenamtlich familienentlastende Dienste in Großgörschen geleistet. Die gelernte Erzieherin macht sich mit ihren 55 Jahren nun daran, noch einmal Bäume auszureisen. Denn ihr familienentlastender Dienst (FED), dem sie dem Namen Sucksack gegeben hat, weil einer ihrer Sprösslinge so immer Rucksack aussprach, soll in eine wirtschaftlich selbstständige Existenz einmünden. Familien die Last, nämlich den Rucksack zu nehmen, dafür hat sie ein breites Betreuungsangebot entwickelt, das mit Fachkräften wie Krankenschwester, Heilerziehungspfleger, Erzieher und Kinderpfleger umgesetzt wird. Bei der Sozialagentur in Halle kam das Konzept, wie es laut Nickel bisher in Sachsen-Anhalt noch keines geben soll, gut an. Für seine Projekte könne das Team deshalb mit Förderung rechnen.

Ehemann Peter Nickel (59) führt den erst jüngst mit elf Mitgliedern gegründeten Förderverein, der die ersten drei Arbeitsplätze geschaffen hat. Noch reichen die bezahlbaren Stunden für niemanden zum Lebensunterhalt, doch FED und Verein stehen erst am Anfang. „Der Bedarf für die Betreuung ist da“, weiß Hannelore Nickel aus ihrer Pflegeelterntätigkeit. Noch zu wenige Eltern und Angehörige wüssten von den Möglichkeiten, solch unterstützende Leistungen zu nutzen, ohne dafür finanziell zusätzlich belastet zu werden. So kann über den Verein zum Beispiel Sören (5) eine Heilerziehungspflegerin als Inklusionshilfe zur Seite gestellt werden, damit er in der Starsiedeler Kindereinrichtung mit anderen Jungen und Mädchen zusammen sein kann.

Sein Domizil hat der FED Sucksack in Lützen im Schkölener Weg. Dort ist dienstags, donnerstags und sonnabends Treffpunkt, um wie in Großfamilie zu leben, zu spielen, zu kochen, zu essen. . . In der Gruppe wird Verantwortungsbewusstsein entwickelt, der Tagesablauf gemeinsam gestaltet - mit Einkaufsplan erstellen, Einkaufen, Ausflüge machen, etwas gemeinsam erleben, von Musik hin bis zum Klettern. Mindestens drei Betreuer und ein Fahrer sind in dieser Zeit immer im Einsatz.

Aber der FED arbeitet auch direkt in den Familien, wobei die Eltern die Betreuungsinhalte bestimmen. Geschwister und Angehörige werden auf Wunsch in die Betreuung einbezogen. Ein großer Wunsch von Nickels ist es, eines Tages ein Haus für betreutes Wohnen zu eröffnen, in dem mehrere Generationen zusammenleben und sich gegenseitig helfen. Von ihren Sprösslingen sind einige durchhaus in der Lage einfache Arbeiten im Haushalt auszuführen. Sie könnten Senioren helfen, diese wiederum ihnen.

Kontakt zum FED kann unter der Telefonnummer 034444/2 12 00 oder auch unter der Mobilfunknummer 0174/1 65 34 18 aufgenommen werden. Es kann auch eine E-Mail an [email protected] geschrieben werden.