Literaturkreis in Weißenfels Literaturkreis in Weißenfels: Novalis Wirkung bis in die Gegenwart

Weißenfels - Den Literaten, Freigeist und Bergbaufachmann Georg Philipp Friedrich von Hardenberg in einem Vortrag zu einer Person zusammenzuführen, hat die Germanistin Gabriele Rommel einst vor eine schwere Aufgabe gestellt. Sie habe weder an dessen literarischen Werken noch an dem Menschen selbst Interesse gezeigt. „Zudem fiel mir die Arbeit an diesem Referat sehr schwer, weil ich eben noch nicht viel über ihn wusste“, erinnert sich Gabriele Rommel. Die Fragen nach seinem Weltbild und die damit verbundenen Ideen stellten sich für die junge Rommel damals noch nicht.
Dass sie wenige Jahre später einmal eine Forschungsstätte für die Frühromantik im Schloss Oberwiederstedt im Mansfelder Land gründen und leiten sollte und Hardenberg, der unter seinem Pseudonym Novalis bekanntgeworden ist, im Mittelpunkt ihrer Forschungen stehen wird, hat sie zu diesem Zeitpunkt nicht wissen können.
Wissensprojekt
Von den neusten Entwicklungen und über ein Wissensprojekt der Forschungsstätte für Frühromantik in Oberwiederstedt hat Rommel nun im Literaturkreis Weißenfels berichtet. „Aber es hat sich gelohnt, dass ich mich mit dieser vielfältigen und umtriebigen Persönlichkeit auseinandergesetzt habe“, räumt die gebürtige Leipzigerin ein. Denn besonders sein Fleiß und der tiefe Anspruch an seine eigene Arbeit haben Rommel so fasziniert und ihr eigenes Interesse an diesen jungen Mann gebunden, dass sie für das Novalis-Lebenswerk ein Museum in dessen Geburtsstätte Schloss Oberwiederstedt mit aufgebaut hat.
„Novalis überzeugt durch die Qualität seiner Arbeit und Gewissenhaftigkeit, die aber gerade in seinen literarischen Werken ein besondere Schönheit und Tiefe nicht vermissen lassen“, erklärt die 62-Jährige. Novalis sei für sie auf gleicher Höhe wiederzufinden wie seine zeitgenössischen Kollegen Schiller und Goethe. Dabei hat Novalis laut Rommel sich aber nicht auf einen Weg, zum Beispiel den der Literatur, beschränkt, sondern hat mit viel Leidenschaft ebenso seine Forschungen auf dem Gebiet der Mathematik, Chemie und Hüttenkunde weiterverfolgt.
„Sein Anspruch ist an seine eigene Person wohl immens gewesen. Novalis ist schließlich ein hochgebildeter Mensch und kluger Kopf gewesen“, sagt Rommel.
Wissensdurst
Diesen Wissensdurst kann sie auch in der heutigen Jugend erkennen. Um die Neugierde des 21. Jahrhunderts zu stillen, geht Rommel mit ihrer Museumsakademie, welche sie mit ihren Mitarbeitern in Oberwiederstedt etabliert hat, neue Wege. „Unser Anliegen ist es nicht, den Kindern zu zeigen, wie Novalis rechnen gelernt hat oder mit welchen Mitteln er dies getan hat“, berichtet sie. In der Museumsakademie soll durch die Lebensphilosophie Novalis’ und durch dessen Thesen die Welt entdeckt und verstanden werden.
Diese Idee geht auf sein Romanwerk „Die Lehrlinge zu Sais“ zurück, in dem es um die Selbst- und Naturerkenntnis des Menschen geht. „Wir spielen eher mit der Wissenschaft und erhalten dadurch Ergebnisse“, sagt die Leiterin der Novalis-Forschungsstätte. Beim Mathematikfest werden daher im Grünen-Klassenzimmer schon mal Seifenblasen vermessen und deren Gewicht bestimmt.
„Das haben Vierjährige mit viel Kreativität und vor allem Spaß bewältigt“, so Rommel über die universelle Handhabung der kleinen Naturforscher mit dem Problem. „So wird Wissen lebendig und trifft die Kinder an einem emotionalen Punkt“, beschreibt sie. Die Museumsakademie sei ein Ort, an dem Ideen einen Raum bekommen und mit Fantasie in die Wirklichkeit geholt werden. (mz)