Literaturherbst in Weißenfels Literaturherbst in Weißenfels: "Wossi" blickt zurück auf die Wende

Weißenfels - Auf eine Lesereise in die Vergangenheit nahm Michael Bark die Besucher am Freitagabend mit. Vier Geschichten hatte er in diesem Jahr aus dem Gedächtnis aufgeschrieben, die er als Unternehmensberater erlebt hatte oder die ihm berichtet worden waren. Nun las er sie in den Räumen von Thill-Optik in Weißenfels im Rahmen des 12. Literaturherbstes. Es sind Wendegeschichten aus der Sicht eines „Wossis“, wie es im Programmheft heißt. Dieser stammt aus Düsseldorf und lebt heute in Naumburg.
Er spricht von einer Wiedervereinigungsbesoffenheit, die Deutschland 1989 erfasst hatte. Unverständnis habe man damals in seiner Branche empfunden, als man große Teile der DDR-Wirtschaft den Bach runtergehen ließ. Dabei wäre es doch namhaften Firmen ein leichtes gewesen, Fernsehhersteller wie den in Radeburg bei Dresden konkurrenzfähig zu machen.
Und dennoch blieben den Ostdeutschen Ziele wie Einigkeit und Freiheit nahe, was Westdeutsche kaum verstehen konnten, für die stets der eigene Vorteil im Vordergrund gestanden hat, wie Bark bekennt. Und viel zu selten sei es passiert, dass geholfen wurde. Es blieben Einzelfälle, wenn nicht alle vier Namen einer Familie auf der Entlassungsliste stehen blieben. Zeit für Sanierungskonzepte gab es damals selten, denn die DDR-Betriebe waren eine unliebsame Konkurrenz. „Aber Veränderung braucht Zeit“, so der Naumburger, für den Schreiben früher dazu diente, sich beruflichen Stress auch nach Personalentscheidungen von der Seele zu schreiben.
Passend waren Stücke wie „Über sieben Brücken“ oder „Über den Wolken“, die Annemarie Wenzel auf dem Klavier spielte. Zuhörer bescheinigten Michael Bark, dass er Erlebtes und Gehörtes absolut ehrlich wiedergegeben habe. Er bestätigte, dass man so schreiben müsse, um authentisch rüberzukommen.
In den Geschäftsräumen von Rosel-Maria und Frank Thill fand eine Lesung im Rahmen des Literaturherbstes bereits zum achten Mal statt. Dabei waren Autoren wie Kurt Wünsch, Wolfgang Rüb, Christine Lambrecht und Patrick Addai zu Gast. Mit vier Besuchern hatte man angefangen und ist nun bei gut 40 Gästen angelangt. Geht es nach Leseherbst-Organisator Johannes Kunze, dann wird es nicht der letzte Abstecher zu Thills gewesen sein. (mz)