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Krieg zwischen Preußen und Frankreich Krieg zwischen Preußen und Frankreich: Frauenkleider gegen die Kälte

Von Rüdiger Peters 17.10.2016, 16:00
Die Gedenksäule für den Sieg der Preußen über die Franzosen 1757 wird nach Paris geschafft. Dieses Bild hängt im Schloss Versailles.
Die Gedenksäule für den Sieg der Preußen über die Franzosen 1757 wird nach Paris geschafft. Dieses Bild hängt im Schloss Versailles. Rüdiger Peters

Weißenfels - Das Territorium des heutigen Burgenlandkreises wurde vom Mittelalter bis in die Neuzeit mehrmals direkt in kriegerische Auseinandersetzungen hineingezogen. So ist das Jahr 1806, als die sogenannte „Franzosenzeit“ begann, auch der Beginn einer Zeitenwende. Wie die Menschen der Region diese turbulenten Tage erlebten, daran wird hier erinnert.

Weißenfels, Freitag - 17. Oktober: Nach dem Ruhetag kamen nun auch die französischen Soldaten nach Weißenfels. Am Donnerstag, dem 16., war es zunächst eine Geschützbatterie und eine Einheit Linieninfanterie. Dann folgten aber bald jede Menge Verwundete. Am 17. wurde im Schloss schnell ein Lazarett eingerichtet, das 1 000 Blessierte aufnehmen musste. Von den Bewohnern verlangte man Betten, Matratzen und Strohsäcke. Auch waren die vor wenigen Tagen von den Preußen angelegten Magazine in der Klosterkirche eine willkommene Beute. Am Mittag strömte dann die Masse des III. französischen Korps, 25 000 Mann stark, in und durch die Stadt und bewegte sich weiter in Richtung Leipzig. Jetzt konnten die Bewohner die Soldaten sehen. Es war ein völlig neuer Eindruck. Gewohnt waren sie preußisches und sächsisches Militär, das sich immer in strenger Ordnung und tadellosen Uniformen zeigte. Doch welch ein Bild gaben die Franzosen ab? Sie marschierten in lockerer Formation, seltsame und abenteuerliche Gestalten waren da zu sehen. Sicher noch durch Spuren der vergangen Gefechte gezeichnet, machten die Soldaten einen eher abgerissen Eindruck. Über ihren blauen Uniformjacken trugen sie irgendwelche Pelzjacken, ja sogar Frauenkleider und Priesterröcke, nur um sich gegen die kalte Luft zu schützen. Über dem zotteligen, langen Haar saß ein speckiger Zweispitz, der mit der Kokarde und einem blechernen Löffel verziert war. Ein typisches Feldzeichen der sprichwörtlich gewordenen „Löffelgarde“. Behängt waren sie mit allerlei Beutegut: da eine Gans, über dem Tornister ein erbeutetes Kaninchen und die aufgepflanzten Bajonette mit Broten gespickt. Das waren sie also, die Sieger von Auerstedt. Selbstbewusst, siegestrunken und ihre wilden Revolutionslieder singend, erlebten die Bewohner hier erstmals auch freie Bürger einer neuen Macht.

Überall in der Stadt wurde die Proklamation Napoleons „An die Völker Sachsens“, der Ebersdorfer Aufruf, ausgehängt. „Sachsen! Die Preußen haben euer Land überfallen. Ich komme, um euch zu befreien…“ Wurden die Menschen befreit? Auf jeden Fall begann nach diesen Tagen eine Zeitenwende. Doch wo war der Befreier?

Schlachtfeld Roßbach/Reichardtswerben, Sonnabend - 18. Oktober: Am 17. gegen Mittag verließ Napoleon Weimar und kam einige Stunden später nach Auerstedt. Bei schönstem Wetter ritt er auf einem Schimmel über das Schlachtfeld von Hassenhausen. Eine halbe Stunde nach 4 sahen die Bürger den Mann unscheinbar und im grauen Mantel, begleitet von Offizieren in glänzenden Uniformen, zur Residenz reiten. Das Schloss war als Hauptquartier eingerichtet worden. Er empfing Ratsherren, besuchte aber auch das in der Kirche schnell eingerichtete Lazarett. Am anderen Morgen hielt er eine große Parade vor seiner Garde ab. Bald danach setzte er im Reisewagen seinen Marsch fort. Über die Saalebrücke an der Henne erreichte er die Straße direkt nach Merseburg. So kam er bald in die Nähe des Schlachtfeldes von 1757. Vor über 49 Jahren wurden hier die Franzosen von den Preußen unter König Friedrich II. besiegt. Jetzt hatte er dieselben glänzend bezwungen. Da wäre eine Trophäe genau richtig, um in Paris den Triumph zu demonstrieren. Über diese bemerkenswerte Begebenheit berichtet der Herzog von Rovigo, General Savary, in seinen Memoiren: „Wir gingen am folgenden Morgen von Naumburg ab, um Merseburg und Halle zu erreichen; auf diesem Zug kamen wir über das Schlachtfeld von Roßbach. Der Kaiser hatte so sehr die Anstalten der Armee Friedrichs und der unsrigen im Kopfe, dass er, nachdem er in Roßbach selbst angekommen war, zu mir sagte: ’Reiten Sie geschwind in diese Richtung (er zeigte sie mir); Sie müssen eine halbe Stunde von hier die Säule finden, welche die Preußen zum Andenken dieser Begebenheit errichtet haben.’ Wenn die Ernte nicht schon gemacht worden wäre, hätte ich sie nicht gefunden, denn diese Säule, mitten in einer ungeheuren Ebene aufgestellt, war nicht höher, als das Doppelte eines Marksteins, denen ähnlich, welche man den Kreis entlang und an die Häfen setzt, um die Fahrzeuge daran zu befestigen.

Als ich sie gefunden hatte, ließ ich mein Taschentuch flattern, um dem Kaiser zur Richtung zu dienen, der sich vom Wege entfernt hatte, um das Schlachtfeld zu übersehen, und er kam wirklich hin sie zu betrachten. Alle Inschriften waren zum Teil verwischt, so dass man Mühe hatte sie zu lesen. Als der Kaiser in der Ferne die Division des Generals Suchet vorbeimarschieren sah, ließ er demselben sagen, er solle diese Säule ausheben, damit man sie nach Paris bringe. Der General Suchet stellte seine Sappeur-Compagnie dazu an, welche in einem Augenblicke die Säule auf drei oder vier Wagen legte.“

Es ist überliefert, dass die Rei-chardtswerbener vier Wagen und 15 Pferde zum Abtransport bereitstellen mussten. Die Säule wurde eingelagert und später in die Seine geworfen. Fast auf den Tagen, sieben Jahre später, stifteten Soldaten des Yorkschen Korps nach der Völkerschlacht von Leipzig eine neue Gedenksäule. Jener aber, welcher damals so siegreich hierher kam, war am gleichen Tage bereits auf der Flucht und zwar auf demselben Weg, auf dem er gekommen war. (mz)