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Kaltes Eisen beginnt zu leben

Von Heike Riedel 02.06.2006, 17:49

Langendorf/MZ. - Nicht nur das 60-jährige Firmenjubiläum ist Andreas Wahren Anlass, hin und wieder mal zurückzuschauen. Seinen Erfolg als Schlosser und Metallgestalter in der Gegenwart verbindet er auch im Alltag mit dem, was er von Vater und Großvater gelernt hat. Im Flur zu seinem Büro hängt zum Beispiel die Meisterurkunde von Großvater Albin Wahren, der nach dem Krieg die Firma damit begründet hat, Kartoffelquetschen zu bauen. Daneben kündet der Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde 1999 davon, dass auch der Enkel den Geschäftssinn hat. Dafür hat Andreas Wahren einen 3,80 Meter hohen Stuhl gebaut. Vor der Firma Böhme in Leißling ist er zu sehen.

Der 42-Jährige ist aufgewachsen in der Schlosserwerkstatt in Langendorf, hat dort, wo er heute in historischem Ambiente neben dem Wohnhaus Partys feiert, seine erste Bekanntschaft damit gemacht, wie hartes Metall sich den Ideen der Menschen unterwerfen muss. Und von solchen Ideen sprudelt er heute noch über.

So fällt auf dem modernen Firmengelände in der Nordstraße in Langendorf der "alte Baum" am Tor auf. Er besteht aus 180 zu einem hohlen Stamm verschweißten Rundeisen, die oben auseinander gehen und eine Baumkrone andeuten. Dadurch, dass die Schweißnähte rosten, entsteht der Eindruck von Rinde. Das Stück war Wahrens Beitrag zur Bundesgartenschau 2005 in München.

Arbeiten aus der Wahren-Werkstatt sind in Weißenfels und Umgebung als Firmenschilder, Tore, Treppen, Gitter und andere Metallteile vielerorts zu finden - sowohl alte, als auch moderne, von denen viele durch ihre Gestaltung auffallen. Wenn auch Vater Günter vor allem für die Bauindustrie gearbeitet hat, die private Kundschaft konnte er selbst zu DDR-Zeiten bedienen. Dadurch schließlich habe die Firma wohl auch die Wende gut gemeistert, sagt Andreas Wahren.

Das Geschäft mit den kleinen Privatkunden weiß er bis heute zu schätzen, wenngleich er sich auch längst für größere Aufträge wieder eine Stammkundschaft aufgebaut hat. Seit 16 Jahren sei er als Schlosser bei Leißlinger Mineralbrunnen gefragt, für das Asklepios-Krankenhaus, das Autohaus Kittel, die Integra und die Schokoladenfabrik Argenta arbeite er zum Beispiel. Fotos in dicken Mappen zeigen, worauf er stolz ist. Auch historische Gitter am Weißenfelser Schloss sind dabei.

"Die letzten drei Jahre sind die erfolgreichsten", freut sich der quirlige Chef, dass es bei ihm entgegen dem Trend in der Bauwirtschaft läuft. Davon profitieren junge Menschen, denen er Ausbildungsplätze anbietet. "Doch die müssen zu uns passen", sagt er und meint, dass es nicht leicht sei, kreative und handwerklich begabte Schulabgänger zu finden. Andreas Wahren hofft darauf, das Sohn Florian (13) so wie er einst, in das Handwerk hineinwächst. Drei der acht Azubis, die schon ausgelernt haben, verstärken heute seine zehnköpfige Mannschaft, für die seine Frau Sylvia das Büro leitet. "1992 habe ich mir den ersten Gesellen geholt", erinnert sich der Schmiedemeister.

Ist Wahren gerade mal nicht geschäftlich oder als Obermeister der Metallinnung im Landessüden unterwegs oder drückt irgendwo eine Schulbank, "um den Horizont zu erweitern", wie er sagt, besinnt er sich auf Heimat und Freundeskreis. Im Langendorfer Carnevals-club oder bei Radtouren geht beides zusammen. Kürzlich war er dafür auch in der Werkstatt. Denn sein Heimatort sollte etwas Dauerhaftes zu seinem Firmenjubiläum erhalten. Er schenkte ihm ein außergewöhnliches Ortsschild.