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Geschichte der Töpferinnung Teuchern Geschichte der Töpferinnung Teuchern: Über 200 Jahre altes Buch kehrt nach Teuchern zurück

Von andreas richter 29.03.2015, 13:16
Manfred Gießler (l.) übernimmt das Innungsbuch von Dieter Huesler, im Hintergrund Ehefrau Christin und Tochter Marion.
Manfred Gießler (l.) übernimmt das Innungsbuch von Dieter Huesler, im Hintergrund Ehefrau Christin und Tochter Marion. Peter Lisker Lizenz

Teuchern - Als Manfred Gießler vor einigen Wochen einen Anruf aus Rangsdorf bei Berlin erhielt, da stockte ihm erst mal kurz der Atem. Da war am anderen Ende jemand, der ihm ein uraltes Buch der Teucherner Töpferinnung anbieten wollte. „Ich dachte erst, da macht sich einer einen Spaß oder will irgendwas verkaufen“, erinnert sich der Vorsitzende des Teucherner Heimatvereins. Doch nach und nach dämmerte es ihm, dass da jemand mit Teucherner Geschichte zu tun hat und es durchaus ernst meint. . .

Einige Wochen später sitzen Dieter und Christin Huesler sowie deren Tochter Marion beim Kaffee in der Teucherner Begegnungsstätte „Grüner Baum“. Auf dem Tisch ein dickes Buch, das Geschichte atmet. „Das ist das Buch der 1780 gegründeten Teucherner Töpferinnung“, erklärt Manfred Gießler und blättert vorsichtig in den Seiten, aus denen jener typisch muffige Geruch quillt, den man aus Recherchen in Archiven kennt.

Jahrzehnte im Schrank versteckt

Wenn Hueslers bis zu diesem Tag auch noch nie in Teuchern waren, so führen die Wurzeln der Familie in die Kleinstadt. „Meine Urgroßmutter war eine verheiratete Biering“, erklärt der heute 78-jährige Dieter Huesler. Die Bierings wiederum seien eine uralte Töpferfamilie gewesen, die seit Anfang des 19. Jahrhunderts in Teuchern lebten, erklärt Manfred Gießler die Verbindung. Die Wege des Lebens wollten es, dass das Buch vermutlich viele Jahrzehnte lang im Schrank in einer Wohnung in der Mainzer Straße in Berlin lag. Dort, wohin ein gewisser Hugo Biering von Teuchern aus hingezogen ist. Dort, wo Dieter Huesler geboren wurde.

Irgendwann wanderte der Wälzer beim Umzug mit nach Rangsdorf bei Berlin. „Als uns das Buch mal wieder in die Hände fiel, kam mir der Gedanke, was wohl daraus werden soll, wenn meine Eltern mal nicht mehr sind“, erzählt Marion Huesler. Als ihr schließlich die Idee kam, den Städtenamen Teuchern, der gleich am Anfang im Buch steht, mal zu googeln, war der Weg bis zum Heimatverein der Kleinstadt nicht mehr weit. „Wir wollten das historische Stück jemandem übergeben, der wirklich etwas damit anfangen kann“, sagt die 46-Jährige.

Die Teucherner Töpferinnung bestand nach Manfred Gießlers Recherchen von 1780 bis 1902. Vor 1780 gab es bereits eine Innung in Weißenfels. Nachdem mindestens die Hälfte der dortigen Mitglieder aus Teuchern kamen, entschloss man sich dazu, eine eigene Interessenvertretung in der Kleinstadt zu gründen.

In den besten Zeiten soll es bis zu zwanzig Töpfer in Teuchern gegeben haben. 1902, als die Innung aufgelöst wurde, waren es noch zwei oder drei. Spätestens nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war das Töpfer-Handwerk aus Teuchern verschwunden. (ari)

Schatz für die Stadt

Und genau das kann der begeisterte Heimatforscher Manfred Gießler. „Dieses Buch ist ein Schatz für die Stadt“, sagt er zum Geschenk der Familie Huesler. Mit der Auswertung des etwa 1.000 Seiten dicken Werkes ist er freilich noch ganz am Anfang. Von den Berichten über die Sitzungen der Innung, über Ein- und Austritte, über das Alltagsleben der Handwerker erhofft sich Gießler neue interessante Aufschlüsse über die Geschichte der Kleinstadt, deren Beiname „Topp-Teuchern“ auf eben diese Traditionen zurückzuführen ist. Schritt für Schritt will er die altdeutschen Zeilen „übersetzen“, will einen Beitrag fürs Heimatheft schreiben. Im Heimatmuseum der Stadt soll ein Raum entstehen, der sich der Töpfertradition widmet. Dem alten Innungsbuch dürfte ein Ehrenplatz dort bereits sicher sein. (mz)