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Geländebuggys aus Weißenfels Geländebuggys aus Weißenfels: Offroad auf dem Sprung

Von tilo Krippendorf 27.02.2015, 16:42
Mirko Busch im Flug über die hauseigene Offroadstrecke.
Mirko Busch im Flug über die hauseigene Offroadstrecke. Andreas Stedtler Lizenz

Weißenfels - Der Motor baumelt eine Weile sanft über dem grauen Stahlrahmen. Dann lässt Mirko Busch den schwarzen Block langsam mit einem Werkstattkran hinab, bis er über den Aufhängungen der Hinterräder schwebt. Er braucht nur wenige Handgriffe und dicke Schrauben, bis das Herz des Buggys fest im neuen Körper sitzt. In der Automobilindustrie wird dieser feierliche Moment die „Hochzeit“ genannt, Mirko Busch ist in seiner Werkstatt der Standesbeamte.

Der 31-Jährige hat sich seit einigen Jahren auf besondere Fahrzeuge spezialisiert. In einem Gewerbegebiet am Rande von Weißenfels baut er Geländebuggys, Spaßmobile für Pisten abseits asphaltierter Straßen. Buschs Buggys sind die einzigen aus deutscher Produktion. Er ist inzwischen Experte rund um die kleinen Offroad-Flitzer, doch der Weg dahin war lang und ging querfeldein.

Aus dem OP in die Werkstatt

Denn Busch hatte eigentlich eine ganz andere Profession. Als medizinisch-technischer Assistent stand er bis zum Jahr 2006 im Operationssaal der Neuro-Chirurgie des Universitätskrankenhauses Leipzig. In der sterilen Umgebung half er bei komplizierten medizinischen Eingriffen. Durch die amerikanischen „Fast and Furious“-Filme packte ihn aber das Tuning-Fieber. So importierte er in seiner Freizeit spezielle Auspuffanlagen aus Amerika per Ebay nach Deutschland, verkaufte sie hier im Internet weiter und verdiente sich nebenbei etwas dazu. Auch liebte er das Schrauben am eigenen Wagen. „Ich habe schnell gemerkt, dass ich lieber in der Werkstatt als im OP stehen will“, erinnert er sich. Mit schwarzer Schmiere an den Händen fühlt er sich wohler als mit sterilen Latexhandschuhen.

Busch ist zwar ein ruhiger Typ mit leiser Stimme, aber konsequent: Er gründete kurzerhand eine eigene Firma: New Street Style, oder kurz Ness. Mit Tuning-Teilen motzte er die Autos von jungen Fahrern aus dem südlichen Sachsen-Anhalt auf, entwarf beispielsweise eigene Frontschürzen für tiefergelegte Wagen oder sorgte für satten Motorensound. Dann stieg er wohl als erster deutscher Händler in das Geschäft mit so genannten Pocket-Bikes ein, Mini-Motorrädern, die noch vor einigen Jahren schwer angesagt waren. In China machte er den Hersteller ausfindig und brachte ihn dazu, eine für deutsche Straßen zugelassene Version zu produzieren. Containerweise brachte er die Pocket-Bikes an den Mann.

Durch die Kontakte nach Ostasien landete er schließlich auch bei den Buggys, die ursprünglich in Shanghai produziert wurden. „In Deutschland war das eine echte Marktlücke“, so der Geschäftsführer, der im Sommer nach Feierabend gerne mit dem Jetski über benachbarte Seen düst. Vom reinen Verkäufer chinesischer Buggys wurde er nach und nach zum Schrauber, der vor allem verbesserte und reparierte. Inzwischen ist er offiziell anerkannter Fahrzeugbauer, auch dank eines Schnellkurses mit Meister-Abschluss.

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„Die Qualität der chinesischen Buggys hat mich nie überzeugt. Deshalb habe ich beschlossen sie einfach selbst zu bauen“, erinnert er sich heute. Das Geschäft mit den luftigen Wagen läuft gut. Inzwischen verkauft er jedes Jahr knapp 50 Buggys aus eigener Herstellung an Kunden aus ganz Deutschland, ins umliegende Ausland oder auch auf die kanarischen Inseln. Im Schnitt ist es einer pro Woche, Tendenz steigend, wie Busch sagt. Dass jeder Kunde ein Unikat nach eigenen Vorlieben geliefert bekommt, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. „Meist sind es Männer zwischen 40 und 50 Jahren, die sich etwas Besonderes leisten wollen.“

Kein Wunder, mit blubberndem Motor im Rücken, aber ohne schützendes Blech oder eine Windschutzscheibe über staubige Feldwege oder durch schlammigen Morast zu pflügen, hat einen besonderen Reiz. Wenn Dreckbatzen ins Gesicht fliegen, der Hintern nur knapp über dem Boden dahinfliegt und man nur durch die Gurte im Sportsitz gehalten wird, steigt der Adrenalinspiegel ganz automatisch. Viele Männer kaufen sich irgendwann ein Motorrad oder ein Boot, andere eben einen Buggy mit grobstolligen Reifen und Anhängekupplung. Denn offiziell sind die Buggys Zugmaschinen mit Straßenzulassung, also Traktoren, was rechtliche und steuerliche Gründe hat, wie Mirko Busch erklärt.

Im vergangenen Jahr nutzte er die Gunst der Stunde. Als der Hersteller aus China die Produktion einstellte, kaufte Busch von dort kurzerhand eine Rahmenlehre. Das ist eine Art Schablone für die Stahlrohre, aus denen der Buggy-Käfig schließlich zusammengeschweißt wird. „Bei dem ursprünglichen Rahmen gab es ein paar Schwachstellen, die haben wir ausgemerzt“, so Busch, der seit Kurzem mit einem Angestellten und einem Auszubildenden arbeitet.

Prototyp für die Rennstrecke

Rund eine Woche schrauben sie an einem Exemplar, doch meist an mehreren gleichzeitig. Während im Obergeschoss der Werkstatt der Rahmen zusammengeschweißt wird, findet unten die Hochzeit statt. Und auch der Antrieb ist eine Besonderheit bei den Ness-Buggys. Denn die Motoren stammen alle aus japanischen Kleinwagen. „Wir kaufen gebrauchte Autos, überholen die Motoren gründlich und bauen sie schließlich ein. Sie sind sehr zuverlässig“, betont Busch. Die 1,3-Liter−Aggregate bringen 75 Pferdestärken auf die Straße, bei den knapp 600 Kilogramm schweren Buggys sorgt das für ausreichend Vortrieb. „Allerdings sind es keine Rennbuggys, mit denen man dauernd im richtig harten Gelände fahren sollte“, erklärt der Konstrukteur. Für Fahrten auf der hauseigenen Motocross-Strecke sind die knapp 11 000 Euro teuren Wagen trotzdem noch geeignet.

Um aber sportlich im Offroad-Geschäft mitzumischen, hat sich Mirko Busch inzwischen etwas einfallen lassen. Er hat einen ganz eigenen Buggy konstruiert und will ihn noch in diesem Jahr auf die Straße und Rennstrecke bringen. Durch hochfesten Stahl, einen hochgezüchteten Turbo-Motor und mit einem ausgefeilten Fahrwerk will er das Buggy-Geschäft in Deutschland neu aufrollen. Beim Baja Deutschland, eine der größten Rallyes im Land, geht er im Mai mit dem Prototypen an den Start. Mit rund 250 PS will er bei der hochkarätigen Rallye-Konkurrenz mitmischen. „Wenn er so wird, wie ich es mir vorstelle und zugelassen wird, stehen die Buggy-Fans Schlange.“ (mz)

Feilen am Prototypen: Metallbauer Steffen Glisic schraubt an der Eigenentwicklung von Ness.
Feilen am Prototypen: Metallbauer Steffen Glisic schraubt an der Eigenentwicklung von Ness.
Andreas Stedtler Lizenz