Fremdenverkehrsverein Weißenfelser Land Fremdenverkehrsverein Weißenfelser Land : "Brauchen weiter Platz für Visionen"

Weißenfels - Der Fremdenverkehrsverein Weißenfelser Land kann in diesem Jahr auf sein 25-jähriges Bestehen zurückblicken. Der Weißenfelser Tobias Liebert (57) ist Gründungsmitglied und war der erste Vorsitzende. Unser Reporter Andreas Richter sprach mit dem Kommunikationswissenschaftler über den Tourismus in der Region und die inhaltliche Ausrichtung des Vereins.
Der Hohenmölsener Stadtrat beschließt am heutigen Donnerstag voraussichtlich den Austritt aus dem Fremdenverkehrsverein. Was halten Sie davon?
Liebert: Ich bedauere das sehr. Ich meine, Weißenfels und Hohenmölsen haben hinsichtlich ihres touristischen Profils viele Gemeinsamkeiten, etwa bei der Industrie- und Bergbaukultur. Der Verein würde durch den Austritt zweifellos geschwächt. Wenn sich Hohenmölsen durch den Verein nicht ausreichend vertreten fühlt, dann muss ich aber auch sagen: Man kann sich mit dem Beitritt zu einem Tourismusverein nicht die komplette Vermarktung einer Stadt erkaufen.
Während sich der heutige Vereinsvorsitzende Bernd Steudtner eher pragmatisch gibt, treten Sie immer wieder auch als Visionär in Sachen Tourismus in der Region hervor. Ist für Visionen nach 25 teils schwierigen Jahren überhaupt noch Platz?
Liebert: Aber ja. Der pragmatische Ansatz ist natürlich gerechtfertigt. Allein angesichts dessen, dass der Verein seit der ersten Hälfte der 90er Jahre immer wieder um seine Existenz kämpfen musste. Und doch gehört für mich neben der Basisarbeit die Entwicklung von Visionen und Strategien immer dazu. Und manches, das vor zwanzig Jahren noch eine Vision war, hat sich ja auch entwickelt. Nehmen wir nur die Via Regia, die einstige Königsstraße durch Mitteldeutschland. Mittlerweile wird diese alte Kulturstraße als touristische Marke immer bekannter, gibt es ein Netzwerk und einen Via Regia-Erlebnisradweg.
Vom 350. Jahrestag der Gründung der Sekundogenitur-Fürstentümer im Jahr 2007 hatte man sich einen Aufschwung für den Tourismus in der Region erhofft. Was ist heute davon geblieben?
Liebert: Das Jubiläumsjahr war durchaus ein Erfolg. Die Besucherzahlen in den Museen waren höher als sonst. Wenngleich es ein einmaliges Festjahr geblieben ist, so haben sich daraus weitere Dinge entwickelt. So arbeiten die einstigen Residenzstädte Weißenfels, Zeitz und Merseburg enger zusammen. Jüngstes Beispiel ist ein gemeinsames Geocaching (Schatzsuche) in den drei Städten anlässlich des Museumstages im Mai.
Wie definieren Sie den Platz des Weißenfelser Landes innerhalb der Saale-Unstrut-Region?
Liebert: Es gibt deutliche Unterschiede im touristischen Profil zwischen dem Westen und Osten des Burgenlandkreises. Deshalb reicht es nicht aus, Teil des Saale-Unstrut-Gebietes sein zu wollen. Wir brauchen ein eigenes touristisches Profil. Das Thema Residenzstädte zum Beispiel ist kein Naumburger Thema. Weitere spezielle Felder sind für mich die Industriekultur und die Schlachten von europäischer Bedeutung, die sich im Raum Weißenfels/Lützen ereignet haben. Die nächsten Jahre bieten gute Chancen, die Potenzen weiter auszureizen. Ich denke da nur an den 400. Jahrestag des Beginns des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 2018.
In Weißenfels wird immer wieder über ein Leitbild, einen touristischen Schwerpunkt für die Stadt diskutiert. Wie sehen Sie diese Debatte?
Liebert: Ich halte eine Zuspitzung auf eine bestimmte Person, so etwa den Barockkomponisten Heinrich Schütz, nicht für sinnvoll. Naumburg zum Beispiel lässt sich als Domstadt auf einen Nenner bringen. Nicht jedoch Weißenfels. Die Stadt lebt eher von der Vielfalt der touristischen Angebote.
Wie sehen Sie eine mögliche Bewerbung der Stadt Weißenfels um eine Landesausstellung im Jahr 2022?
Liebert: Grundsätzlich positiv. Ein Doppeljubiläum zu begehen, hat viel Charme (2022 ist der 350. Todestag von Schütz und der 250. Geburtstag des Schriftstellers Friedrich von Hardenberg/Novalis - d. Red.). Aber auch hier sehe ich eine Chance in der Vielfalt. Die Ausstellung sollte nicht auf Schütz beschränkt werden. Schütz ist eher eine Nische ohne Massenwirkung. Die Weißenfelser barocke Musikkultur könnte eher ein geeigneter Rahmen sein, dann möglicherweise auch ohne Novalis. Eine Landes-ausstellung wäre jedenfalls eine Chance mit großer Außenwirkung für die Region.
