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Außergewöhnliche Fotografien Fotografien: Weißenfelserin porträtiert außergewöhnliche Menschen

Von Andrea Hamann-Richter 17.09.2016, 12:00
Das Foto „Daniela“ steht stellvertretend für dicke Menschen, die häufig Anfeindungen und Ausgrenzung ausgesetzt sind.
Das Foto „Daniela“ steht stellvertretend für dicke Menschen, die häufig Anfeindungen und Ausgrenzung ausgesetzt sind. Susanne Richter

Weißenfels - Susanne Richter aus Weißenfels arbeitet an einem besonderen Projekt. Sie möchte eine Ausstellung ausrichten. Inhalt sind eigene Fotografien. In ihren Fokus hat sie Menschen gerückt, die von der Gesellschaft eigentlich nicht gern gesehen werden. Das sind beispielsweise behinderte, dicke oder tätowierte Personen. Oder auch Menschen mit Down-Syndrom, schwule Pärchen, Flüchtlinge oder gemobbte Männer oder Frauen. Mit dieser Aktion möchte Susanne Richter diese Personen in den Fokus rücken. Sie kennt viele davon. Einige hat sie schon abgelichtet. Bei weiteren Charakteren ist Susanne Richter noch auf der Suche. Aber die Künstlerin ist optimistisch. Viele Menschen mit den unterschiedlichsten Facetten hat die Weißenfelserin bereits kennengelernt.

Angst vor beinamputierten Mann

Die 33-Jährige betreibt einen Friseursalon in Langendorf. Vor etwa einem Jahr gab es die Schlüsselsituation. Es kam ein Mann, dem ein Bein amputiert worden war, in ihren Salon, um sich frisieren zu lassen. Susanne Richter spürte plötzlich ihre eigenen Berührungsängste. Dann aber überwand sie diese und fragte ihn, was passiert war. „Er erzählte mir von seinem Motorradunfall. Und, dass er jetzt Prothesenbauer ist“, sagt die zierliche Frau.

Beeindruckt fing sie an, genauer hinzuschauen, wenn sie Menschen sah, die „aus dem Rahmen fallen“, wie sie sagt. Sie merkte in Gesprächen, dass hinter jeder Auffälligkeit eine interessante Geschichte steckt.

So auch bei dem schwulen Pärchen. Die beiden erzählten ihr von ihren Problemen. Nämlich, dass es ihnen gegenüber tatsächlich immer noch Vorbehalte in der Gesellschaft gibt. Dadurch können sie sich nicht so frei bewegen, wie sie gerne wollten. Außerdem hätten sie den Wunsch zu heiraten und wie ein ganz normales Ehepaar miteinander in der Öffentlichkeit umzugehen. Ihre Zuhörerin war beeindruckt, wie schwer sich die Gesellschaft immer noch bei diesem Thema tut.

Was heißt eigentlich 'normal'?

Dann lernte sie noch einen jungen Mann Anfang 20 kennen. Er weiß nicht genau, wohin sein Weg in Bezug auf seine sexuelle Orientierung gehen wird. Er weiß nicht, ob er Männer mag, ob er eigentlich lieber eine Frau sein möchte. Der Mann erzählte von seinen Problemen - Susanne Richter hörte zu. Und nicht nur das. Sie ermöglichte ihm ein Shooting und fotografierte ihn dabei. Es entstanden Aufnahmen, wie er sich in ihrem Salon schminkte, sich eine blonde Perücke überzog und so vor einem zerbrochenen Spiegel aufnehmen ließ. „Die Scherben standen dabei als Zeichen seiner inneren Zerrissenheit“, sagt sie. Die Friseurin hat Bilder im Internet veröffentlicht. In einem Text beschreibt sie, was der Mann auf seiner Reise zu sich selbst erlebt, welche Ängste er hat, sich so der Gesellschaft zu zeigen, sie stellt die Frage, was die Definition von „normal“ eigentlich ist. „Ich will zeigen, dass sie trotz ihres Andersseins liebenswürdig sind.“

Wegen Behinderung ein Ausgestoßener

Daher hat Richter sie sich auch entschieden, einen behinderten Mann vorzustellen. Er malt für sein Leben gern. Susanne Richter hat ihn dabei fotografiert und ist mit seiner Mutter ins Gespräch gekommen. So erfuhr sie, dass Lars keine Freunde hat und außer seiner Mutter auch keine Familie, die zu ihm steht. Sie beschreibt seine Persönlichkeit und auch, wie er in der Gesellschaft diskriminiert wird. Und das, obwohl ihn viele Menschen vom Sehen kennen. „Lars ist ein Charakter in Weißenfels“, macht sie klar.

„Ich möchte wachrütteln“, fasst sie zusammen. Daher hat die Weißenfelserin bereits mit den Aufnahmen begonnen. Sie sind auf ihrer Facebook-Seite im Internet zu sehen.

Beeindruckt ist die Friseurmeisterin vom positiven Zuspruch. Die Menschen schreiben ihr, dass sie die Arbeit bewundern. Sie drücken ihr auch die Anerkennung darüber aus, dass sie sich die Zeit nimmt und Mühe macht, hinzusehen.

Aussteller gesucht

„Jeder möchte doch heutzutage individuell und anders sein, aber wenn es dann solche Menschen gibt, werden sie gehänselt“, sagt Susanne Richter. Dem möchte sie entgegenwirken. Auch weil sie selbst schon solche Erfahrungen gemacht hat. Aufgrund ihrer Tätowierungen hätten schon Menschen abgeschreckt reagiert. Das ärgert sie. Deshalb überlegt die Frau mit den langen schwarzen Haaren, ob sie sich nicht selbst auch mit ins Spiel bringt. „Denn Tätowierungen sind schon lange nicht mehr verrufen, sondern Kunst“. Susanne Richter hofft nun, einen Aussteller zu finden, der ihre außergewöhnlichen Aufnahmen zeigt.

Kontakt ist unter Telefon 03443/23 61 40 möglich. (mz)

Auch ein 20-Jähriger, der sich seiner sexuellen Orientierung noch nicht sicher ist, stand (mit Perücke) Modell.
Auch ein 20-Jähriger, der sich seiner sexuellen Orientierung noch nicht sicher ist, stand (mit Perücke) Modell.
Susanne Richter
Friseurin Susanne Richter beschäftigt sich auch als Fotokünstlerin und möchte gern eine Ausstellung machen.
Friseurin Susanne Richter beschäftigt sich auch als Fotokünstlerin und möchte gern eine Ausstellung machen.
Michael Thomé