Filmdreh Filmdreh: Moritz Bleibtreu und Weißenfels zur Nachkriegszeit

Weißenfels - Die Szene geht ans Herz. Moritz Bleibtreu sitzt an der heruntergekommenen Nordstraße in Weißenfels inmitten von stark beschädigten Häusern. Plötzlich humpelt ein dreibeiniger Hund über die Straße. Der 44-jährige Filmstar steht auf, nimmt ihn auf den Arm und trägt ihn die Straße runter mit nach Hause. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Und Schnitt. Kaum ist der Schauspieler aus dem Bild gelaufen, nimmt ihm eine Tiertrainerin den Jack Russel Terrier wieder ab. Eine Helferin befreit den Mantel des Stars vom Staub, den die Filmcrew reichlich in der Nordstraße verteilt hat. Unter der Regie von Sam Garbarski wird in Weißenfels in diesen Tagen die Tragikomödie „Auf Wiedersehen Deutschland“ gedreht. Schutt liegt auf dem Kopfsteinpflaster der Nordstraße, daneben ein kaputtes Sofa. Einschusslöcher in den kaputten Hauswänden bilden die perfekte Kulisse für den Nachkriegsfilm.
Dreibeiniger Hund
Nachdem die Szene mit dem dreibeinigen Hund abgedreht ist, nimmt sich Bleibtreu noch ein bisschen Zeit für die Fragen der vielen wartenden Journalisten. „Es ist ein sehr schönes und ruhiges Arbeiten in Weißenfels“, sagt der Schauspieler charmant. „Vor allem sind die Leute noch nicht so genervt von Dreharbeiten. Wir wurden herzlich aufgenommen.“ Von der Stadt habe er zwar noch nichts sehen können. „Das ist aber schon mein dritter Film in der Region, deswegen habe ich insgesamt schon ein bisschen was kennengelernt. Vor allem die riesigen blühenden Rapsfelder in der Gegend sind sehr schön.“
Und dann geht es natürlich noch um seinen neuen Film, der zum Teil auf dem Roman „Die Teilacher“ von Michel Bergmann beruht. „Ich spiele den Holocaustüberlebenden David, der nach dem Krieg mit seinen Freunden in die USA auswandern will“, erzählt Moritz Bleibtreu. Doch vorher müssen sich die sieben Flüchtlinge erst noch auf zum Teil recht abenteuerliche Weise das Geld für die Überfahrt nach Amerika verdienen.
Belgischer Regisseur
„Im Laufe der Dreharbeiten sind wir alle zu einer richtigen Bande zusammengewachsen“, sagt der belgische Regisseur Sam Garbarski und lacht. „Wir vertrauen uns mittlerweile blind und könnten sogar Fort Knox zusammen ausrauben.“ Einer der Höhepunkte für die Schauspieler: Sie durften einen Oldtimer demolieren. Das habe zwar auf der einen Seite in der Seele wehgetan. „Für den Film ist es aber notwendig, weil sie sich an dem Autobesitzer rächen wollen. Der hat ihnen nämlich ihre ganzen Ersparnisse für die Überfahrt abgenommen“, so der Regisseur.
In Weißenfels verbringt die Filmcrew fünf der 32 Drehtage. Weitere Drehorte sind Gera, Saalfeld, Görlitz und Luxemburg. Die Nordstraße füge sich dabei gut in das Stadtbild des Films ein, der eigentlich in Frankfurt am Main spielt. Vor allem hätten die Filmemacher die Möglichkeit, einen großen Straßenabschnitt nach ihren Vorstellungen zu gestalten.
Filmpalast Gloria
Angesprochen auf den Filmpalast Gloria lässt Regisseur Sam Garbarski seiner Fantasie freien Lauf. „Falls die Weißenfelser das Kino je wieder eröffnen, kommen wir vorbei und zeigen unseren Film“, sagt er und lacht. Aber auch sonst gibt es bisher noch keinen Termin für den Filmstart.
Eine Tragikomödie über das Dritte Reich und die Nachkriegszeit zu drehen, ist für den Filmemacher überhaupt kein Widerspruch. „Viele Überlebende des Holocaust waren tatsächlich Überlebenskünstler mit einem sehr ausgeprägten Humor“, sagte Sam Garbarski. Denn ohne Humor, so ist der Regisseur überzeugt, hätten sie diese furchtbare Zeit gar nicht überleben können. (mz)
