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Fachärzte im Raum Weißenfels Fachärzte im Raum Weißenfels: Privatpatient ist besser dran

Von Julia Reinard 23.04.2013, 07:06

Nessa/Magdeburg/MZ - Dass man lange auf Facharzttermine wartet, kennt man ja. Dass es aber einen früheren Termin geben könnte, wenn man für eine eigentliche Kassenleistung selbst in die Tasche greift, das irritiert. Und doch erging es Familie Lukas genauso.

Dieter Lukas bekam beim Laufen Schmerzen, die er sich nicht erklären konnte. Vom Allgemeinarzt ging es zum Fachmann, der auch gleich einen Verdacht äußerte: Der sogenannte Tarsaltunnel könnte der Verursacher sein. Er entsteht unterhalb eines Muskelbandes, das sich über einen Nerv und einen Schlagader über den Fuß zieht. Die Schwierigkeit: Um den Tarsaltunnel zu untersuchen, braucht es ein bestimmtes Gerät und das hatte der diagnostizierende Arzt nicht.

Dieter Lukas’ Frau Adelheid klemmte sich ans Telefon und suchte einen Neurologen, bei dem diese Untersuchung gemacht werden kann. In Weißenfels sagte man ihr, die Maschine sei kaputt. In Merseburg erhielt sie einen Termin - für Mai. Dabei rief sie im Januar an. Sie war empört, schließlich hat ihr Mann Schmerzen und die Behandlung beim Chirurgen setzt aus, so lange nicht geklärt ist, ob das Problem tatsächlich im Tarsaltunnel liegt.

Sie probierte es also weiter, versuchte es in Zeitz, Querfurt, Halle und Naumburg. In Naumburg hieß es, sie dürften nur stationäre Patienten nehmen. In Zeitz hörte sie die wenig tröstliche Antwort: „Im Mai haben Sie anderswo einen Termin? - Nehmen sie den!“

Adelheid Lukas fragte zwischenzeitlich noch mal in Merseburg nach, ob ein Termin vor Mai freigeworden wäre. Nein, war die Antwort. „Und da dachte ich plötzlich, fragst du doch mal, wie es privat aussieht“, erzählt sie. Daraufhin habe die Schwester gesagt, da hätten sie in 14 Tagen einen Termin frei. Doch das hieße: Selber zahlen, was eigentlich eine Kassenleistung ist. In dem Fall hätte sie zwischen 250 und 300 Euro hinblättern sollen. „Da habe ich gesagt: Ach nein, lassen wir’s lieber.“

Doch dass sie als Selbstzahlerin vorgezogen worden wäre, erbost sie. Sie hat sich an Krankenkasse und die Kassenärztliche Vereinigung gewandt. Aber geholfen hat das nicht.

Die MZ fragte dort ebenfalls nach: Kommen solche Beschwerden häufig vor? Nein, hieß es von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung, die Zahl der Beschwerden über Bevorzugung von Privatpatienten sei „verschwindend klein“. Bis Ende März seien sechs Beschwerden bei ihr eingegangen - bei vier Millionen Behandlungsfällen im gleichen Zeitraum.

Bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland in Magdeburg (siehe Kasten) ein ähnliches Ergebnis: „Es gibt fast keine Beschwerden darüber, dass Privatpatienten eher drankommen“, sagt Patientenberaterin Franziska Harpke. Auf die Frage, wie denn Termine frei sein könnten, wenn keine Termine zu vergeben sind, erkärt sie, Ärzte mit Kassenzulassung müssten eine bestimmtes Kontingent an Kassenpatienten - beziehungsweise Stunden gesetzlich Versicherte behandeln, aber sie können auch Stunden oder Tage allein für Privatpatienten öffnen, das sei „völlig legitim“. Und dass diese Zeiträume dann weniger Patientenandrang haben, sei klar, weil es weniger Privatversicherte oder Privatzahler für Einzelleistungen gebe.

Die Kassenärztliche Vereinigung kritisiert diese separaten Stunden dagegen: „Die Auffassung, dass es feste Kontingente von Privatsprechstundenzeiten gibt, vertreten wir nicht.“

Familie Lukas ist erst einmal erleichtert, dass demnächst die Untersuchung gemacht wird. Sie hat mit dem Thema bewusst die Öffentlichkeit gesucht. Denn Adelheid Lukas findet: „Jeder ärgert sich privat darüber, aber es spricht keiner an.“ Der „Gesundheitsmonitor“, den Bertelsmann Stiftung und die Barmer vorigen Sommer veröffentlichten, bestätigt ihren Eindruck: Bei einer repräsentativen Befragung von 1 772 Männern und Frauen stimmten über 80 Prozent (Gesetzlich Versicherte: 84 Prozent, Privatversicherte: 81 Prozent) der These zu, Kassenpatienten hätten Nachteile bei Wartezeiten auf einen Arzttermin.