Endspurt beim Brückenbau Endspurt beim Brückenbau: "Golden Gate" in Leißling

Leissling - Für zahllose Touristen, aber auch für Einheimische wird am 3. Dezember nach zehnmonatiger Bauzeit ein Traum wahr. Dann soll die 2,5 Millionen Euro teure Fußgängerbrücke zwischen Leißling und Lobitzsch übergeben werden. Sie ersetzt eine alte Fährverbindung, die zuletzt nicht mehr regelmäßig in Betrieb war. Dann können die Menschen die Saaleseite wechseln, wann immer sie es wollen: also auch im Winter, bei Hochwasser und an Wochentagen.
Die Männer der Firma Bau- und Haustechnik Bad Düben werden sich nach der Hitze des Sommers nun auch von herbstlicher Kühle, Regen und dem ersten Schlamm nicht mehr an der endgültigen Fertigstellung hindern lassen. Gudrun (73) und Horst (75) Reichel schauen nach dem Baufortschritt. Sie sind mit Rädern aus Bad Kösen gekommen, fahren oft in Richtung Bad Dürrenberg und fragen nun Jürgen Kuspick, wann die Einweihungsfeier sein wird, zu der sie gern auch kommen würden. Kuspick ist bei der Stadtverwaltung angestellt und verantwortlich für den Bau der Brücke, die mancher wegen ihrer Form mit der „Golden Gate Bridge“ in San Francisco vergleicht. Er verweist zunächst auf den 30. November. „Dieser Fertigstellungstermin wird mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit gehalten.“ Er sagt es und schränkt ein: „Es sei denn, wir bekommen bis dahin noch viel Schnee und starken Frost.“ Doch wie Kuspick es sagt, scheint er daran nicht so recht zu glauben. Die Nennung des Übergabetermins umgeht er. Erst Stunden später, als der Ortschaftsrat in Uichteritz tagt, wird der 3. Dezember öffentlich genannt.
Derweil rattern die Maschinen. Uwe Tauscher sitzt im Radlader und platziert Wasserbausteine in der Uferböschung. Steffen Heil lenkt einen Minibagger, der die Steine in ihre Endposition bringt. Rolf Rohne stapelt die Schalung, die Mario Gieloff zuvor von den Betonkappen des Widerlagers auf Leißlinger Seite abgebaut hat. Und Marco Purschwitz kratzt Styropor aus der Bewegungsfuge zwischen Beton und Asphalt. Letzterer wurde in der Vorwoche aufgebracht, so dass die Fahrbahn auf der Brücke faktisch fertig ist. Nun kann die Fuge demnächst mit Bitumen ausgegossen werden.
Allerdings fehlen auf beiden Seiten noch die Auffahrten. Hinzu kommt die Verbindung zum bestehenden Wegenetz. Auf der Lobitzscher Seite muss sogar noch die sogenannte Kappe über den Widerlagern betoniert werden. Eine asphaltierte Zufahrt wird es hier zunächst nur bis zur ersten Gabelung des unbefestigten Weges geben. Weitergehende Arbeiten am Saale-Radwanderweg bis Lobitzsch und Eulau werden dann im Rahmen der Umsetzung des Flurbereinigungsverfahrens „Goseck Himmelswege“ in den nächsten Jahren realisiert. Ein Feuchtbiotop und die Anpflanzung von einem halben Dutzend Bäumen und mehreren hundert Büschen als Ausgleichsmaßnahme wird hier aber laut Kuspick zeitnah entstehen.
Klostergraben wieder als offenes Gewässer
Er räumt zwar ein, dass beim 2,5-Millionen-Projekt hier und da - wie auf jeder Baustelle - mal die Säge geklemmt hat, „doch insgesamt hat die Umsetzung des Vorhabens gut geklappt“. Nicht mal beim Transport der Pylone und der fünf einzelnen Brückenteile habe es Komplikationen gegeben. Ursprünglich sollten diese den Leißlinger Kirchberg hinunter und zur Baustelle transportiert werden, doch ein unbefestigter Weg über Possenhain und Schönburg war letztlich viel unkomplizierter nutzbar. Pylone und Stahlseile haben mit Brückenteilen, Beton und Asphalt immerhin knapp 400 Tonnen zu tragen. Ausreichend, um das Bauwerk von kleineren Fahrzeugen für Wartungsarbeiten oder beim Schneeräumen nutzen zu können. Aber eben auch nur durch diese.
Am Ende der Arbeiten wird der Klostergraben wieder als offenes Gewässer fließen, nachdem er zuletzt im Baustellenbereich Dutzende Meter bis zur Saale verrohrt worden war. Hier soll auch Schotterrasen eingebracht werden und Jürgen Kuspick sagt: „Vielleicht wird diese Fläche ja mal gebraucht, um ein Brückenfest zu feiern.“ Das erste wird es also am 3. Dezember zur Einweihung geben und es wird mit einem noch größeren Ansturm als beim ersten Spatenstich im Januar dieses Jahres gerechnet. Damals waren Hunderte von Neugierigen gekommen. „Aber abwarten, wie das Wetter wird“, schränkt Kus-pick ein, der außerdem gespannt ist, was sich die Leißlinger und Uichteritzer Ortschaftsräte für die Namensgebung der Brücke einfallen lassen. Die soll ja Fährbrücke heißen und daran erinnern, dass man hier mehr als 100 Jahre trockenen Fußes über die Saale gekommen ist.
2,5 Millionen Euro teures Projekt
Das Bauwerk ist eine Dreifeld-Hängebrücke mit einer Gesamtstützweite von 101 Metern. Zwei Stahlpylone tragen sie. Hinzu kommt noch eine kleine Brücke über den Klostergraben mit einer Länge von knapp zehn Metern. Über eine Distanz von 250 Metern werden Wege gebaut.
Für das Projekt wurden 690 Kubikmeter Beton, 80 Tonnen Betonstahl und 150 Tonnen Konstruktionsstahl sowie Seile benötigt. 2 500 Kubikmeter Boden mussten bewegt werden. Für den Straßenbelag waren 720 Quadratmeter Asphaltdecke notwendig. Ausgewiesen wird die Brücke als nur für Fußgänger zugänglich. Radler müssen ihre Fahrräder schieben.
Nachdem sich das ganze Projekt mit der ersten Ausschreibung verteuert hatte, wurde eine Aufstockung der Mittel bewilligt und im März 2015 wurde in Leißling der Fördermittelbescheid übergeben. Die Uichteritzer hatten bereits 2009 im Eingemeindungsvertrag festgeschrieben, dass 179 000 Euro der Gemeinde nur als Eigenmittel für den Brückenbau ausgegeben werden dürfen. (mz)

