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"Die Meisten trinken ihr Bier im Garten" "Die Meisten trinken ihr Bier im Garten": Kneiperin nach 35 Jahren ohne Hoffnung

Von Holger Zimmer 13.09.2020, 06:00
Monika und Karl Eberhard Monnheimer bewirtschaften die Gartengaststätte „Hoffnung“ in Weißenfels.
Monika und Karl Eberhard Monnheimer bewirtschaften die Gartengaststätte „Hoffnung“ in Weißenfels. Holger Zimmer

WeißenfelsOkay - Monika Monnheimer muss nicht lange überlegen. „40 Pfennige hat das kleine Glas Helles und 50 das Pils gekostet.“ Viertelliter-Preise fürs Bier, wie sie in DDR-Zeiten üblich waren. Heute kostet das 0,3-Liter-Glas 1,50 Euro. Das sei die Schmerzgrenze, wie die 65-Jährige betont, die mit ihrem Mann Karl Eberhard die Gartengaststätte „Hoffnung“ an der Naumburger Straße in Weißenfels bewirtschaftet. Aber sonst käme wahrscheinlich niemand mehr.

Seit 35 Jahren ist sie Kneiperin, wie man im Volksmund sagt. Gelernt hatte sie Verkäuferin in der Lebensmittelbranche und hat etliche Jahre im „Kondi“ in der Jüdenstraße gearbeitet, in dem es Backwaren gab. Dann ging sie in die Gastronomie, hatten ihre Eltern doch Mitte der 1980er Jahre die gegenüberliegende Gartengaststätte „Naumburger Straße“ übernommen. Da hielt die Familie zusammen, vor allem aber konnten immer ihre beiden Kinder betreut werden. Denn war der Besuch sehr gut, half auch mal eine ältere Kleingärtnerin und passte auf die Kleinen auf.

„Ohne Beziehungen war man schließlich nichts“

Es war eine Zeit, in der die Laubenpieper gern einen „zischten“. Geselligkeit war angesagt und manches Tauschgeschäft wurde hier angebahnt. „Ohne Beziehungen war man schließlich nichts“, sagt Karl Eberhard Monnheimer. Und Kleingärtner brauchten immer etwas, um einen Weg zu befestigen, Wände zu verputzen oder einen neuen Gartenzaun zu bauen.

Auch beim Spartenheim musste zugefasst werden, das aus dem Wasserbecken der nahen Ziegelei entstanden war. Man habe sein Auskommen gehabt, wie Monika Monnheimer äußert und sie verweist darauf, dass eine Flasche Nordhäuser Doppelkorn genau 17 große Schnäpse ergeben hat. Ein Doppelter kostete damals übrigens eine DDR-Mark, heute sind es 1,50 Euro.

Das Ehepaar zählt auch Speisen auf, die allesamt um die 5,50 DDR-Mark kosteten, so wie Roulade und Schnitzel. Monika Monnheimer betont aber, dass für Rostbrätel und Schnitzel auch heute nur 5,50 zu berappen sind, seit 2001 allerdings in Euro, in den die D-Mark 2:1 getauscht wurde. Das bedeutete eine Preisverdopplung.

Das Ehepaar ist sich einig: In D-Mark-Zeiten brummte der Laden noch. Doch damit war vor 19 Jahren Schluss. Monika Monnheimer sagt: „Wenn ich noch mal auf die Welt komme, würde ich keine Gaststätte wieder übernehmen.“ Ihr Ehemann pflichtet ihr bei. Ohne sein festes Einkommen in Leuna und jetzt seine ordentliche Rente hätte man das nicht stemmen können.

Bis auf ein längeres Gastspiel in der Anlage Naumburger Straße gegenüber haben sie der „Hoffnung“ immer die Treue gehalten. Einen Garten haben sie gleich an der Gaststätte. Diese hat Monnheimer übrigens selbst auf Vordermann gebracht. Da bekamen die Wände Strukturputz, der Kachelofen wurde abgerissen und eine Gasheizung eingebaut. Inzwischen köchelt aber alles auf Sparflamme. Zwar habe man hier schon Weihnachts- und Frauentagsfeiern organisiert, doch auch das werde weniger, meint das Ehepaar.

Und die Coronakrise habe man überstanden, weil man das Sommerhalbjahr ohnehin erst Anfang Mai eröffne. Nun ist mittwochs wieder Stammtisch, samstags wird Fußball geschaut und sonntagvormittags trifft sich ein halbes Dutzend Knobler. Auch Dartsturniere gebe es ab und an. „Doch die Meisten trinken heute ihr Bier im Garten“, sagt Monika Monnheimer. Und zum Essen kommen nur wenige. Aber man hat sich etwas einfallen lassen. Am Freitagabend wird gegrillt und dann erscheinen regelmäßig an die 20 Interessenten und versorgen sich. Fakt ist: „Gehen die älteren Gäste aber einmal, besucht wahrscheinlich niemand mehr ein Gartenlokal.“ (mz)