Vor 60 Jahren Club gegründet Der Jazzfan aus Burgwerben
Der Burgwerbener Gerhard Beutler hat vor 60 Jahren einen Club in Freiberg mit gegründet. Nun wurde sein Wirken dort neu entdeckt.

Weissenfels - Als sie im vergangenen Jahr an der Bergakademie im sächsischen Freiberg zur Geschichte einer Interessengemeinschaft (IG) Jazz recherchierten, da entdeckten sie Überraschendes. Die Wurzeln dieser Gruppe von Freunden des Jazz ließ sich elf Jahre weiter zurückverfolgen als lange Zeit angenommen. Denn alles begann damals nicht mit den 1. Freiberger Jazztagen im Jahr 1972, sondern bereits im Jahr 1960. Gut elf Jahre Geschichte der IG waren im Laufe der Jahrzehnte irgendwie verloren gegangen.
Dabei sollten die Spuren dieser bis heute bestehenden Gruppe der Jazzfreunde bis an die Saale führen. Denn einer der Gründungsväter der IG ist der Burgwerbener Geologe Gerhard Beutler, der von 1956 bis 1961 an der Bergakademie studiert hat. „Über einen MZ-Beitrag über meine geologische Sammlung sind sie auf mich aufmerksam geworden“, berichtet der heute 83-Jährige. Über das Weißenfelser Museum, dem Beutler seine Sammlung übergeben will, waren die Freiberger an seine Telefonnummer gelangt. Vor einem Jahr schließlich waren Vertreter der Akademie zum ersten Mal bei ihm. „Ich hab’ mich wie in meiner Jugend gefühlt“, sagt Beutler und ist stolz darauf, dass man sich heute wieder auf sein Wirken an der Bergakademie vor sechs Jahrzehnten besinnt. Gemeinsam wollte man eigentlich im vergangenen Oktober das 60-jährige Bestehen des Jazzclubs feiern. Doch Corona machte einen dicken Strich durch die Rechnung.
„Zu jener Zeit war Jazz in der DDR nicht unbedingt erwünscht“
Die Liebe zum Jazz ist bei Gerhard Beutler bis heute frisch. Die ersten Platten hat er während seiner Zeit in Freiberg gekauft. „Zu jener Zeit war Jazz in der DDR nicht unbedingt erwünscht. Schließlich schwang in der eigenwilligen Musik auch ein bisschen Protest mit“, erinnert sich Beutler. Nach dem Studium hat er Jazzkonzerte mit organisiert, hat Literatur gesammelt und Vorträge gehalten. Die Musik hat ihn bis heute nicht losgelassen.
Wie viele Platten mittlerweile in seinem Schrank stehen, weiß er nicht genau. Stolz aber zeigt er einige Scheiben, die ihm besonders am Herzen liegen. Eine Platte aus dem Jahr 1962 mit dem Titel „Jazz Premiere: Washington“ zum Beispiel mit einer original Widmung des amerikanischen Saxophonisten und Bandleaders Paul Winter. Über gute Freunde gelangte seine Adresse damals zu Förderern in der Bundesrepublik. Das Paul-Winter-Sextett habe beim Amtsantritt des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy 1961 im Weißen Haus gespielt, weiß Beutler. 1964 seien bei der DDR-Firma Amiga die ersten klassischen Jazzplatten herausgekommen, erzählt er und zeigt eine Platte des amerikanischen Jazzmusikers Eric Dolphy.
Immer wieder mal hört er sich die Scheiben an, kauft ab und an auch eine neue. „Während der Corona-Zeit hab’ ich wieder mehr Platten gehört. Das hat so wunderbar aufgebaut“, sagt der 83-Jährige. Mit dem Jazzclub in Freiberg bleibt der Mitbegründer weiter in Verbindung. Immerhin sei das neben einem Eisenacher Jazzclub der einzige, der seine Wurzeln in der DDR hat und bis heute aktiv ist. Und vielleicht, so hofft Gerhard Beutler, wird ja die Feier zum 60-jährigen Bestehen der IG Jazz an der Bergakademie in Freiberg in diesem Jahr nachgeholt. (mz)