Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Zwei Träume fahren Schwalbe
Goseck/MZ. - Früher ist Daniel Schilling-Schön (40) viel mit einer ETZ 250 unterwegs gewesen. Das ist Vergangenheit, ein Faible für Zweiräder hat der Gosecker Pfarrer aber noch immer. Vor zwei Jahren hat er von einem ehemaligen Konfirmanden eine Schwalbe aus Simson-Produktion für einige hundert Euro gekauft. Ein Mehrfaches hat er seitdem in das Moped investiert und fährt nun mit der blauen Schwalbe zu Hausbesuchen und auch mal zum Gottesdienst nach Großwilsdorf. "60 Kilometer in der Stunde schafft das Moped spielend und ich bin trotz eines Berges gerade mal fünf Minuten langsamer als mit dem Auto."
Am Sonnabendmittag tauchte er für viele unerwartet mit dem Zweirad beim Markröhlitzer Nostalgie- und Schleppertreffen auf und sprach während einer kurzen Andacht. Dabei ging es ihm um den Vergleich zwischen den langsamen Schleppern und dem heute an uns im D-Zug-Tempo vorbeirauschenden Leben. Schilling-Schön verglich frühere Bierkutscher mit heutigen Getränketruck-Fahrern und schlussfolgerte: "Mehr gearbeitet wird aber heute auch nicht. Nur das Tempo, in dem jetzt alles geschieht, ist ein anderes." Gerade wegen dieses Gleichnisses ist ihm ein solches Treffen wie in Markröhlitz wichtig.
Daneben verweist er auf die alte Tradition der Feierabendglocke, die allerorts pünktlich um 18 Uhr geläutet und die Feldarbeiter nach Hause gerufen hat. Er sagt: "Ich habe einen Traum. Bevor ich in den Ruhestand gehe, möchte ich von allen elf Dörfern des Pfarrbereichs die elektrisch angetriebenen Feierabendglocken hören. Schließlich brauchen wir Menschen unseren Rhythmus." Schilling-Schön sagt, dass er nach fünfeinhalb Jahren in Goseck angekommen ist und dass er noch einen anderen Traum hat: "Ich möchte, dass alle Dorfbewohner wenigstens zweimal im Jahr in die Kirchen kommen." Das geht letztlich nur über Veranstaltungen, die alle interessieren. Letztlich kann es nicht sein, dass Kirchen aufwendig saniert, aber nur einmal im Monat von wenigen Leuten genutzt werden. Als er nach Goseck gekommen ist, hatte er sich deshalb vorgenommen, die Menschen auch mit weltlichen Aktivitäten in der Kirche zu gewinnen. Mit Dirk Glotz, der bei Feierlichkeiten die Glocke in Markröhlitz läutet, denkt er deshalb auch daran, beim Freizeit-Fußballturnier im Juli mit einer Kirchenmannschaft anzutreten. Daniel Schilling-Schön wird auch beim Eierbetteln eine Andacht halten. In Markröhlitz werden im August im Gotteshaus Carly Peran und das britische Duo Alan Reid und Rob van Sante mit Rock beziehungsweise Folk auftreten. Ein Teil des Erlöses wird wieder für den Aufbau des Glockenturmes zurückgelegt. Es sind in jedem Fall Aktivitäten, die vom Gemeindekirchenrat getragen werden.
Der Pfarrer sagt zufrieden: "Immerhin - die Markröhlitzer sprechen von ihrer Kirche." Und das ist auch anderswo im Pfarrbereich eine gängige Redewendung. Realistisch betrachtet, wird also Schilling-Schöns Traum, dass Nichtchristen zweimal im Jahr in die Kirche kommen, doch eher Realität, als dass alle Glocken zum Feierabend läuten.