Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Vom Schrottplatz in die Garage
GROSSKORBETHA/MZ. - Die Autos von Dirk Müller und seiner Lebensgefährtin Anke Schmidt stehen vor der Garage. In der stellt der 41-Jährige lieber seine Zweiräder unter, ein gutes Dutzend insgesamt. Ein Diamant-Fahrrad aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum Beispiel. Daneben steht ein Victoria-Rad mit Verkaufsträger aus den 30ern. Und schließlich ist da ein Simson-Fahrrad von 1958 mit einem Hilfsmotor, den Müller selbst angebaut hat: 485 Mark Ost habe der vor 56 Jahren gekostet und es mit 1,3 Pferdestärken auf 35 Kilometer in der Stunde gebracht.
Die Räder zeigt der Sammler ebenso beim 3. Oldtimer-Motorrad-Treffen am kommenden Sonnabend in Großkorbetha wie seine anderen Schätze. Eine Zündapp von 1936 gehört dazu. Ein junges Ehepaar hatte sie verrostet auf seinem Grundstück in Potsdam gefunden und zum Kauf angeboten. "Die ist das letzte Mal vielleicht nach dem Krieg gefahren." Nun sieht sie wie neu aus. Wie Müller das gemacht hat? Dieser holt etwas weiter aus. Seine Leidenschaft seien immer schon Motorräder gewesen, seitdem er mit 16 Jahren den Führerschein erworben hatte. Fortan ließ er sich den Wind um die Nase wehen, bis er - wie andere in Ostdeutschland nach der Wende - ein Westauto kaufte. Zwei Jahre hielt er es hinter dem Lenkrad aus, dann schaffte er sich eine japanische Kawasaki-Rennmaschine an. Mit der hatte er einen schweren Unfall und 15 000 Mark in den Sand gesetzt. Später kaufte er sich Suzuki- und Honda-Motorrad. "So etwas zu fahren, das ist mein Ding", sagt der
41-Jährige. Und was das Technische angeht, habe er sich alles selbst angeeignet. Er hätte schon früh Motoren auseinandergenommen, geschaut, wie alles funktioniert und sich den Rest angelesen.
Vor zehn Jahren kam Müller dann nach Großkorbetha, baute das Haus um, ist aber mit der Garage immer noch nicht fertig, wie er bekennt. Wie auch, wenn er zwei Jahre in fast jeder freien Minute an der Zündapp gebastelt hat. Denn der Motor lief nicht, die Beleuchtung war defekt und die Räder musste er neu einspeichen. "Nun ist sie fast so, wie sie 1936 aus dem Werk ausgeliefert wurde", sagt der Technik-Liebhaber. Bis auf die Hebel für Kupplung und Bremse vielleicht, die er in Tschechien hat nachbauen lassen.
Sein Blick schweift durch die Garage, über die KR 50, die erste noch einsitzige Schwalbe von 1963, und ein SR 2, das er aus Jugendzeiten kennt. Auch eine "Harley des Ostens" nennt er sein Eigen, eine Touren-Awo von 1953, das einzige Viertakt-Motorrad der DDR. "Vor der Wende konnte ich mir so etwas nicht leisten, weil schon die Ersatzteile sündhaft teuer waren."
Derzeit bastelt der Großkorbethaer an einer Renn-Awo, einem Nachbau jener Maschinen, mit denen man in den 50er und 60er Jahren auch das Schleizer Dreieck befahren hat. Dabei greift Müller auf originale Zeichnungen zurück und will irgendwann selbst mal an Rennen teilnehmen.
Wie die Awo wird am Sonnabend auch jene BSW nicht beim Treffen zu sehen sein, die den direkten Weg vom Schrottplatz in Müllers Garage gefunden zu haben scheint. Von diesem Gefährt wurden Mitte der 30er Jahre in der Berlin-Suhler Waffen- und Fahrzeugfabrik nur 9 000 Stück produziert. Wie die Zündapp aus Potsdam war sie für Müller ein echter Glücksgriff. Bei einem Besuch in Bayern tauschte er sie von einem ein, der DDR-Motorräder sammelt.
Auch Müllers Lebensgefährtin Anke hat ihr Herz für schnelle Motorräder entdeckt und den Führerschein gemacht. Auf Harley und Honda ist das Paar sogar schon mal nach Kroatien gefahren. Doch während ihr der Sinn nach einem Fiat 500 steht, träumt er von einer NSU als Vorkriegsviertakter. "Aber bis dahin muss ich noch einiges Geld verdienen." Am Sonnabend steht Dirk Müller neben anderen Großkorbethaer Oldtimerfreunden im Rampenlicht und zeigt seine Zweiräder. "Es ist unsere dritte Schau und im Vorjahr waren 80 Motorräder und einige Autos zu sehen."
Beginn des Treffens auf dem Pfarrgelände in der Weißenfelser Straße in Großkorbetha ist Sonnabend um 12 Uhr.