Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Lützener Fenchel für Babys
KLEINGÖHREN/MZ. - Bewirtschaftet werden die Flächen von den Kleingöhrener Landwirten Ottomar und Carsten Vogel.
Doch was macht man mit so viel Fenchel, allein für die Bienen und ihren entsprechenden Honig wird man die Gewürz- und Arzneipflanze nicht angebaut haben. "Das ist ein Vertragsanbau für das Majoranwerk Mawea in Aschersleben", bestätigt denn auch Carsten Vogel. Insgesamt 55 Hektar werden von den Kleingöhrenern rund um Lützen und Weißenfels bewirtschaftet, verrät der Mawea-Geschäftsführer Jörg Overkamp. Vor drei Jahren habe man dazu mit den Vogels Kontakt aufgenommen, im zweiten Jahr werde der Fenchel jetzt angebaut - und damit auch eine rund 150 Jahre alte Tradition in der Lützener Region wiederbelebt.
Wie Hobby-Heimatforscher Rudolf Ludley in akribischer Recherche herausgefunden hat, geht der Fenchelanbau auf eine Anregung des Edlen von Kleefeld, Johann Christian Schubart, zurück. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dann in der Schwedenstadt durch Gustav Hermann Götze, Mitbegründer des Museums im Schloss, mit der "Fabrik ätherische Öle Götze" eine Fenchelfabrik gegründet.
Insgesamt gab es vier Stellen, die den in und um Lützen kultivierten Fenchel aufkauften, so das Drogenmahlwerk Eder, die Getreidehandlung Meinhard und die Drogenhandlung Teichmann (die getrocknete Arzneipflanze wird als Droge bezeichnet). Nach einer Durststrecke nach dem Zweiten Weltkrieg, weil andere Feldfrüchte zur Versorgung der Bevölkerung dringender gebraucht wurden, blühte der Anbau von Fenchel zu Zeiten der LPG noch einmal auf. Um dann mit der politischen Wende 1990 komplett von den Feldern zu verschwinden, ist den Aufzeichnungen Ludleys zu entnehmen.
Doch zurück in die Gegenwart, denn seither hat sich vieles verändert. Nicht nur, dass von den ehemals etwa 300 Hektar um Lützen nur noch - oder wieder - ein gutes Sechstel für die Anpflanzung genutzt wird, auch die Ansprüche sind andere. Bei Vogels steht der biologische Anbau im Vordergrund. Denn, so erklärt Jörg Overkamp: "Der Fenchel, eine Züchtung namens Berfena mit einem recht hohen Ölgehalt, wird später unter anderem in Tees für Kleinkinder, also im pharmazeutischen Bereich, zum Einsatz kommen." Dafür seien hohe Standards zu erfüllen.
Das gehe sogar so weit, dass man eigentlich allein für die Fenchelernte einen eigenen Mähdrescher nehmen müsste. "Das ist natürlich kaum machbar, aber es ist tatsächlich so, dass die Maschine nicht mal durch ein einziges Korn verunreinigt sein darf", macht der Gewürzspezialist auf die hygienischen Bedingungen aufmerksam. Die Technik sei daher mit erheblichem Aufwand zu reinigen.
Auch nach der Ernte, die demnächst beginnen wird, sind die Abläufe nach klaren Vorgaben strikt einzuhalten. Unmittelbar nach dem Mähen muss der Fenchel - gebraucht wird nur die Frucht, also die Dolden - getrocknet werden, aber auch nicht bei mehr als 40 Grad. "Wir geben die Sorte vor, die anzubauen ist und stehen den Landwirten beratend zur Seite", sagt Jörg Overkamp, in dessen Unternehmen 15 Mitarbeiter beschäftigt sind und das schwerpunktmäßig Majoran und andere Kräuter verarbeitet. Und er verrät, dass es der Marktführer auf diesem Segment gewesen sei, der gebeten hatte, genau die Lützener Region als Fenchelanbaugebiet wieder zu aktivieren. "Es ist angedacht, die Kultivierung in der Region wieder auszuweiten", blickt er voraus. Der traditionsreiche Fenchel hat um Lützen offenbar wieder eine Zukunft.