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Begegnung mit Trauer und Hoffnung

Von Anka Stolper-Heinike 18.11.2005, 18:24

Teuchern/MZ. - Dass es in Strömen regnet, stört ihn nicht. "Los geht's, muntert er die beiden jungen Männer auf, die hier einen Ein-Euro-Job haben und ihn unterstützen. Mit einem kleinen Transporter geht es hinauf zum Hang. Laub und altes Gras müssen zusammengekehrt werden. Damals, als er von der Deubener Schwelerei zur Stadt wechselte und von Otto Pirkner auf dem Friedhof angelernt wurde, sei vieles noch anders gewesen, erinnert sich Harald Franke. Da habe man zum Beispiel noch die Toten für die Trauerfeier herrichten müssen. "Heute übernehmen das zum Glück die Bestatter", meint Franke. Er gibt zu, dass die ständige Berührung mit Tod und Trauer nicht immer leicht zu verkraften ist.

Die körperliche Arbeit, wie das Verschneiden von Sträuchern, die Instandhaltung der Wasserentnahmestellen, die Pflege der drei Soldatengräber und der Gemeinschaftsgrabanlage seien normal, versucht der Teucherner zu erklären. Doch auf manchen der rund 1 000 Grabsteine stehen Namen, die er gut kenne. Und gerade jetzt, so kurz vor Totensonntag, begegnet Harald Franke manchmal deren Angehörigen. Da seien ein paar tröstende Worte einfach angebracht, meint er. Besonders betroffen sei er, wenn ihm Leute berichten, dass Grabschmuck entwendet wurde. "Das hat es früher schon gegeben und gibt es heute leider immer noch", sagt der 55-Jährige mit einem verständnislosen Kopfschütteln. Die Hege und Pflege des Friedhofes ist für ihn mittlerweile eine Herzenssache. Nicht nur aus Respekt vor den Verstorbenen. "Ein Friedhof ist auch Aushängeschild einer Stadt", betont Franke. Und deshalb soll die fast parkähnliche Teucherner Anlage immer ordentlich aussehen. Während sich Harald Franke auf den Weg zu einer der unbelegten Grabstätten macht, berichtet er von den anderen Dingen, die hier zu erledigen sind. Die Trauerhalle muss für Bestattungsfeiern hergerichtet werden. Absprachen sind mit Angehörigen und Bestattern zu treffen, Grabstellen auszuheben. "Bei stillen Urnenbeisetzungen halte ich manchmal auch eine kurze Rede", verrät Harald Franke nicht ohne ein wenig Stolz.

Achteinhalb Stunden arbeitet der Teucherner täglich auf dem Friedhof. Punkt 6.30 Uhr schließt er das Tor am Schafsberg auf. Die Stille, die an solch einem Ort herrscht, nehme er so gar nicht mehr wahr, meint der 55-Jährige und wird dann nachdenklich. "Wissen sie, am schlimmsten ist es, wenn die Jungen vor einem gehen", sinniert er. Seine Frau wolle er mit solchen Gedanken nicht belasten, meint er ein wenig verlegen. Am Totensonntag besucht Harald Franke seine verstorbenen Angehörigen auf dem Friedhof nicht. "Da ist mir zu viel Trubel, ich gehe schon vorher hin", erzählt er und macht sich dann mit seinen beiden Helfern auf den Weg, um einen der vielen Wege zwischen den Gräbern zu reinigen.