Bäcker bastelte gern an seiner Jawa
Wählitz/MZ. - Zum Bäckerleben fühlte sich Reinhard Hanke als Bursche nicht hingezogen. "Ich wollte irgendwas mit Technik machen, am liebsten mit Autos", erinnerte sich der 65-Jährige. Wenn es sich einrichten ließ, habe er sich auf die Socken gemacht, hin zur Autowerkstatt von Rudolf Rübner nach Hohenmölsen. An Treckern, rumschrauben, an alten P 70, Trabant oder Wartburg basteln - da sei er in seinem Element gewesen.
Das Leben entschied anders. Wohl auch deshalb, weil es nicht so rosig mit Lehrstellen bestellt war Mitte der 50er Jahre. Nach Abschluss der 8. Klasse holte ihn Vater Adolf in die Bäckerstube, erlernte der Junge drei Jahre die Kunst des Backens. Und das in der dritten Generation.
"Brot und Brötchen gab es, kaum Kuchen", erinnerte sich der Wählitzer. Die Zutaten fehlten. Im Monat habe es begrenzt Margarine gegeben. Und die auf Zuteilung. An manchen Tagen sei man um 10 Uhr fertig gewesen. "Da hatte ich wenigstens Zeit für meine 175er Jawa, die ich mir anschaffte", blickte der Bäcker zurück. Erst in den 60er Jahren sei es besser geworden mit den Zutaten. 1977 übernahm Hanke den Betrieb von seinem Vater.
Eine der schwierigsten Zeiten sei die während der Wende gewesen. "Keiner wusste so richtig, ob man noch investieren sollte", sagte Hanke. Die Technik galt als veraltet. Er entschloss sich dennoch, modernere anzuschaffen. Allerdings gebrauchte Maschinen sollten es vorerst richten. "Die Unsicherheit in der Branche war zu groß", ergänzte er. Die Konkurrenz der Großbetriebe wurde gefürchtet. Dass ihm die Kunden über all die Jahre die Treue gehalten hätten, begründete Hanke mit Qualität. Damit habe man sich über Wasser halten können. Zu Weihnachten sei noch mal so eine richtige Stoßzeit. Wenn man an einem Tag 15 000 Brötchen verkaufe, müssten alle sieben Beschäftigen richtig mit ranklotzen. Nachts um 1 Uhr gehe es los mit backen.
Hanke darf sich Altmeister nennen. Dieser wird an Handwerker verliehen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und mindestens eine 30-jährige ununterbrochene Tätigkeit nachweisen. Seit kurzem tritt der Wählitzer aus Altersgründen kürzer. In der Backstube sei er nur noch zu Stoßzeiten zu finden, so beim Stollenbacken. "Es ist ein schöner Beruf. Stünde ich vor der Wahl, ich würde ihn wieder ergreifen", sagte Hanke. Nur auf Sohn Jens, so bedauerte er, sei der Funke leider nicht übergesprungen.