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Auf Spuren «alter Indianer»

Von Bärbel Schmuck 15.11.2005, 19:02

Weißenfels/MZ. - Doch der Orthopädietechniker, der eigentlich Pilot werden wollte, aber aus gesundheitlichen Gründen seinen Traum vom Fliegen vergessen musste, beschäftigt sich in seiner Freizeit nicht nur mit Fußball und dem Flugzeugmodellbau. "Wenn ich schon nicht selbst in die Lüfte steigen kann, will ich wenigstens die Chronik der ehemaligen Weißenfelser Flieger schreiben", erklärt Alexander Nitschke. Und verfolgt damit voller Leidenschaft ein großes Ziel. Denn viele Recherchen sind beim Aufspüren der Geschichte erforderlich. Und weil das eine Menge Zeit kostet, hält ihm Ehefrau Kirsten Nitschke als Geschäftsführerin im Familienbetrieb Sanitätshaus Fischer in der Nikolaistraße der Kreisstadt den Rücken frei.

"Anfangs hat mich das Gleit- und Segelfliegen der Interessengemeinschaft für Luftsport nicht interessiert", gibt Nitschke zu. Doch durch mehrere Teilnahmen an den Fliegertreffen, zu dem sich ehemalige Flieger alljährlich im Mai in Räumen der Kreissparkasse Weißenfels treffen, habe es ihn plötzlich gepackt. "Aus ganz Deutschland reisen die Ex-Weißenfelser an und tauschen Erinnerungen aus, das ist spannend", sagt Nitschke, der Jüngste in der Runde. Ursprünglich habe sich der Luftflottenverein, Ortsgruppe Weißenfels, 1913 gegründet. 1922 sei er in den Verein für Luftfahrt und Flugwesen umbenannt worden.

Viele Stunden hat Nitschke schon im Stadtarchiv zugebracht. "Das Weißenfelser Tageblatt ist für meine Nachforschungen die wichtigste Quelle", sagt der Chronist. "Es ist wie eine Sucht, die alten Zeitungsbände im Stadtarchiv durchzuforsten, Informationen zu sammeln und Stück für Stück Stadtgeschichte aufzuspüren - und dann schließlich wie ein Mosaik zusammenzufügen", gibt er zu. Doch am liebsten unterhält er sich mit Zeitzeugen. "Das werden leider immer weniger", bedauert der Hobbyist. Der über 80-jährige Rudolf Schletter gehört zu den ältesten.

Nitschke hat den Ehrgeiz, Kurzbiografien von ehemaligen Fliegern erscheinen zu lassen, vor allem jenen, die nicht mehr am Leben sind. "Deshalb bin ich besonders auf Informationen von Angehörigen angewiesen", bittet er um Mitarbeit. Es würden vor allem alte Fotos aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und Informationen aus den 50er und 60er Jahren fehlen. Eine Begegnung kann er nicht vergessen. An ein Wiedersehen nach 60 Jahren, das er nicht nur miterlebt, sondern auch mit organisiert hat, erinnert sich Nitschke. Und ist glücklich darüber. "Eines Abends habe ich bei einem Heinz Rohr in Baden-Württemberg angerufen und gefragt, ob er einer der alten Tschirnhügel-Indianer aus Weißenfels sei und einen Rudi Schletter kennen würde", blickt der Chronist zurück. Der 87-jährige Rohr habe verwundert und überrascht zugleich bejaht - und sei zum Fliegertreffen erschienen. "Er und sein Freund Rudi Schletter haben sich in die Arme geschlossen, es waren berührende Momente", schildert Nitschke ein nicht alltägliches Wiedersehen. Denn im Jahr 1942 hätten sich die beiden das letzte Mal gesehen.