Angehende Köche sehen über den eigenen Tellerrand
WEISSENFELS/MZ. - Eigentlich wollte sie Bäckerin werden. Doch dann trat sie in die Fußstapfen ihrer Schwester Nicole, die jetzt bereits Koch ist. Sarah sitzt auf gepackten Koffern und kann es kaum erwarten, echte Sachertorte zu genießen.
Doch wie bereitet man österreichische Zwetschgenknödel oder süße Nockerln zu? Was gehört alles zu einem Germknödel? Fragen über Fragen. Ab Montag wird die Hohenmölsenerin in Österreich die Antworten herausfinden. Sie gehört zu 18 Auszubildenden der Interessengemeinschaft Bildung Leuna-Merseburg (IBLM), Außenstelle Weißenfels, die am Mobilitätsprogramm "Leonardo da Vinci" teilnehmen. Seit zehn Jahren wird dieser Auslandseinsatz, der mit EU-Mitteln gefördert wird, erfolgreich praktiziert - im Sommer in Italien und im Winter in Österreich.
Klaus Hörhold ist der Projektleiter. "Unsere angehenden Köche werden somit nicht nur in unserer Lehrküche ausgebildet. Sie schnuppern in Hotelküchen hinein, bekommen den gesamten Tagesrhythmus mit und müssen sich mit fremden Arbeitsabläufen vertraut machen. Das ist wirklich eine gute Schule", berichtet er. Im vergangenen Jahr hieß es beispielsweise für die Schüler aus dem ersten Lehrjahr drei Wochen in einer Gastronomieschule in der Nähe von Rimini mit Lehrlingen anderer Nationen im fachpraktischen Unterricht zu pauken.
In italienischen Hotels hieß es dann Gemüse schnippeln oder Pastateig kneten. Landestypische Küche, wie Fisch, Spaghetti mit Kräutern und Parmesan, aber auch Obstsalate galt es zuzubereiten. Den meisten habe es gefallen, in die italienische Küche hineinzuschnuppern.
Zu ihnen gehörte damals auch Nico Günther. "Das Essen schmeckt schon anders. Das viele Kartoffelschälen fand ich jedoch nicht so prickelnd", erzählt der 19-Jährige aus Uichteritz. Dennoch will er noch mehr Auslandserfahrung sammeln und schließt sich in fünf Wochen den "Österreichern" an. "Man kann doch nur lernen", findet er und fügt hinzu: "Vielleicht gefällt es mir so gut, dass ich mich nach meiner Lehre dort bewerbe."
Für Projektleiter Hörhold liegt solch ein Gedanke der Auszubildenden nahe. "Nicht wenige unserer Azubis sind bisher kaum aus ihrem Geburtsort herausgekommen. Jetzt sehen sie über den eigenen Tellerrand. Sicher haben manche auch mal Heimweh und weinen wie die Schlosshunde nach ihrem Zuhause, aber sie gewinnen an Selbstvertrauen, werden flexibler und sind viel eher zu einem Umzug für die Arbeit bereit", sagt er aus Erfahrung. Allein im vergangenen Jahr seien acht von 14 Jugendlichen nach dem Abschluss der Kochausbildung nach Österreich gegangen und haben dort einen festen Arbeitsplatz bekommen. Hörhold freut sich, fünf in den für das diesjährige Praktikum ausgewählten Hotels wiedersehen zu können. "Das macht schon ganz schön stolz", sagt er und ist sich gewiss, dass das auch auf die neue Praktikumsgruppe ausstrahlen wird. "Wir werden in Österreich sehr gastfreundlich empfangen."
Backhendl, Geselchtes oder Wiener Schnitzel - Tina Dietrich aus Weißenfels möchte am liebsten gleich loslegen, um diese österreichischen Speisen zuzubereiten. "Andere Gerichte kochen, vor allem viele verschiedene, das ist es, was ich will", erzählt die 20-Jährige, die schon jetzt in Erwägung zieht, sich als Koch im Ausland zu bewerben. Vorerst jedoch fiebert die Weißenfelserin ihrem Azubi-Einsatz, der mit einem "Europa-Pass" quittiert wird, entgegen.