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20 Jahre Wende 20 Jahre Wende: «Kristina» hat Feuer unter den Füßen

Von BÄRBEL SCHMUCK 25.03.2009, 19:07

WEISSENFELS/MZ. - In ihrem Roman beschreibt die heute 67-Jährige ihr abenteuerliches Leben anhand des Schicksals der Hauptperson Kristina. Die in Halle geborene Pädagogin und spätere Germanistin kehrt im Jahr 1969 der DDR den Rücken und hofft, im westlichen Teil Deutschlands ein Leben in Freiheit zu finden. Aus einer vermeintlichen glücklichen Ehe mit ihrem zweiten Mann Dieter Haase entwickelt sich ein Kampf auf Leben und Tod. Denn Kristina entdeckt, dass der große schlanke und sportliche Jurist ein Doppelagent ist.

"Ich dachte, es ist die große Liebe", blickt die Autorin zurück. "Dabei hat er mich gezielt ausgeguckt, was ich lange nicht gewusst habe", schildert sie den wohl bittersten Teil ihres Lebens. "Ich war in Deutschland und doch in einem fremden Land", skizziert sie ihre damalige Situation im Westen. Sie erlebte Machtintrigen, Geheimdienst, Rechtsbeugung. Von geschätzten Idealen blieb nach ihren Worten wenig übrig. Sie wollte nie wieder heiraten, bis sie dem Wiener Architekten Dietrich Senarclens de Grancy begegnete. "Er hat Städte wie Köthen in Sachsen-Anhalt mit saniert und ist mein spätes Glück", sagt sie. Die Schriftstellerin, die mit ihrem dritten Mann inzwischen 14 Jahre glücklich verheiratet ist und seit 2007 in Wien lebt, will mit ihrer Lesung daran erinnern, dass vor 20 Jahren die Mauer fiel, die Ost- und Westdeutschland trennte. "Es ist ein Kaleidoskop der Geschichte vom Mauerbau bis zum Mauerfall", beschreibt Frau de Grancy ihr Buch, das im Herbst 2006 auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt wurde.

Durch ihr eigenes Schicksal erlebte die Literatin hautnah Korruption im Osten und im Westen. Sowohl durch den ersten als auch den zweiten Ehemann geriet Frau de Grancy in die Nähe der Machtzentren beider deutscher Staaten. "Ich konnte damit Vergleiche anstellen, Ereignisse und Verhältnisse beleuchten, die in beiden Systemen nicht der jeweiligen Rechtslage entsprachen und der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben sollten", erläutert sie.

Mit ihrem autobiografischen Roman, der inzwischen in zweiter Auflage erschienen ist, will sie Menschen Mut machen, "weil es immer einen Weg gibt". Sie tourt als Zeitzeugin quer durch Deutschland und ihre jetzige Wahlheimat Österreich von Hannover bis Graz, von Wien bis nach Potsdam, Brandenburg, Berlin und - nun auch Weißenfels.

"In meiner Stadt, die ich in den 60ern verlassen habe, zu lesen, war mein sehnlichster Wunsch", plaudert die Schriftstellerin. Über Kontakte zur hiesigen Seumebuchhandlung wurden die Verbindungen zur Stadtbibliothek hergestellt. Gern würde die Autorin noch in Sekundarschulen und Gymnasien in Weißenfels und in ihrer Geburtsstadt Halle lesen.

Bevor sie nach Weißenfels kommt, stellt sie sich und ihr Buch im Landgericht Potsdam vor. Zudem plant das Fernsehen eine Dokumentation. Die Sendung unter dem Arbeitstitel "20 Jahre Wende" soll im Oktober / November ausgestrahlt werden.

Die Lesung am Mittwoch, 1. April, um 19 Uhr in der Weißenfelser Stadtbibliothek im Novalishaus, Klosterstraße 24, ist für alle interessierten Zuhörer kostenfrei.