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Gegen „Verspargelung“ der Landschaft Widerstand regt sich: 48 Hektar große Vorrangfläche für Windpark nahe Riestedt geplant

Von Grit Pommer 08.07.2021, 09:12
Symbolbild -Windräder
Symbolbild -Windräder (Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dp)

Riestedt/MZ - Für die meisten kam das Thema völlig überraschend: Zwischen Sangerhausen und Riestedt soll ein 48 Hektar großes „Vorranggebiet zur Nutzung der Windenergie“ ausgewiesen werden. Riestedts Ortschaftsrat hat offiziell erst kurz vor der jüngsten Sitzung am Dienstagabend davon erfahren. Dort stand der Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan auf der Tagesordnung, der Regeln für den Windradbau festlegen soll. Tags zuvor hatte das Thema schon den Ortschaftsrat in Obersdorf beschäftigt, Donnerstag wird es in Gonna behandelt.

Keine Windräder mehr am Stausee Kelbra

Die Windpark-Fläche ist Bestandteil des „Sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien - Windenergienutzung“, an dem die Regionale Planungsgemeinschaft (REP) Harz seit 2015 arbeitet. Das Gremium steckt den planerischen Rahmen für die Entwicklung der Kommunen in der Region ab. Im Fall der Windenergie gehe es darum, eine „Verspargelung“ der Landschaft zu verhindern, sagt Dietmar Jung, der Geschäftsführer der REP Harz. Denn nach der Bundesgesetzgebung handelt es sich bei Windkraftanlagen um so genannte privilegierte Bauten im Außenbereich. Das heißt: Wer irgendwo einen Windpark bauen will, hat prinzipiell erst mal ein Anrecht auf Genehmigung. Die Regionalplaner könnten dieses Anrecht aber auf bestimmte Flächen einschränken, die am ehesten dafür geeignet seien. In den vergangenen Jahren habe man geprüft, wo wichtige Gründe gegen Windräder sprechen, und in dem Teilplan Tabuzonen festgelegt. So werde es wegen des Vogelschutzgebiets Stausee Kelbra westlich von Sangerhausen keine völlig neuen Standorte für Windräder mehr geben.

Für die Vorrangfläche zwischen Sangerhausen und Riestedt habe sich bei der Prüfung kein Belang gefunden, der strikt dagegen sprechen würde. Und so ist sie im Entwurf des Teilplans gelandet, den die Regionalversammlung der REP jetzt beschlossen hat. Das Papier wird demnächst öffentlich ausgelegt und soll laut Jung auch komplett im Internet veröffentlicht werden. Dann hat jeder, der etwas gegen das Vorranggebiet einzuwenden hat, drei Monate Zeit, sich zu äußern.

Die geplante Fläche für den Windpark nahe Riestedt
Die geplante Fläche für den Windpark nahe Riestedt
(Grafik: MZ/Büttner)

Geringe Einflussnahme über den Bebauungsplan

In Sangerhausen indes rechnet man nicht damit, dass das Windparkgebiet noch komplett zu verhindern ist. Deshalb will man den B-Plan aufstellen, um wenigstens Einfluss auf die bauliche Gestaltung der Windmühlen nehmen zu können. So soll die Höhe auf maximal 200 Meter begrenzt werden. „Ein Bebauungsplan ist hier die einzige Möglichkeit der Einflussnahme“, sagt Maria Diebes, Fachbereichsleiterin Stadtentwicklung und Bauen. Das Genehmigungsverfahren laufe in diesem Fall über den Landkreis Mansfeld-Südharz als Untere Immissionsschutzbehörde.

In Obersdorf und Riestedt waren die Ortschaftsräte gegen den B-Plan. „Der soll mit der Veränderungssperre vor allem dafür sorgen, dass dort niemand anderes mehr bauen kann“, argwöhnt Riestedts Ortsbürgermeister Helmut Schmidt (SPD). Er sei ein klarer Gegner von Windrädern an dieser Stelle. „Es geht da um die Vernichtung von Natur“, sagt Schmidt, der zudem eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität im Ort befürchtet. Denn die Mühlen würden direkt in den Westwind gestellt, der Schall würde stetig ins Dorf wehen.

„Die Stadt stellt uns vor vollendete Tatsachen“, sagt Obersdorfs Ortsbürgermeister Ingo Horlbog. Die Windräder werde man wohl nicht verhindern können. Bei einer früheren Einbeziehung der betroffenen Ortsteile hätte man aber vielleicht eine Lösung finden können, von der die Bürger selbst profitieren und die deshalb mehr Akzeptanz fände.