Was MZ-Leser ärgert Was MZ-Leser ärgert: Kündigung wegen der Blautanne
Wallhausen/MZ. - Das hätte sich Irmgard Rüdiger wahrlich nicht träumen lassen. Seit 27 Jahren hat sie einen Garten in der Kleingartenanlage Goldene Aue in Wallhausen gepachtet. Jetzt ist ihr die Kündigung des Vertrages durch den Vorstand ins Haus geflattert. Seit dem 1. Oktober darf sie das Gelände des Kleingartenvereins nicht mehr betreten. Bei Zuwiderhandlungen mache sie sich des Hausfriedensbruches schuldig, heißt es in dem Schreiben des Vorstandes.
Hintergrund ist eine etwa zehn Meter hohe Blautanne, die auf der Nachbarparzelle steht. Die Äste des Baumes ragen in den Garten von Frau Rüdiger, die Wurzeln dringen in das Erdreich ihrer Parzelle. "Auf dieser Fläche konnte ich gar nichts mehr anbauen", so Frau Rüdiger.
Deshalb hat sie verlangt, dass diese große Tanne, die sowieso nicht in einen Kleingarten gehöre, entfernt wird. Mit diesem Ansinnen stieß die Rentnerin allerdings auf energischen Widerstand des Gartenvorstandes. Dieser hat gegenüber Frau Rüdiger schriftlich erklärt: "Der Vorstand des Kleingartenvereins Goldene Aue besitzt die alleinige Entscheidungsgewalt in dem Pachtgelände des Vereins. Er entscheidet auch daher allein, ob Bäume zu fällen sind oder nicht." Ob das Pflanzen dieser Bäume vor rund 25 Jahren gerechtfertigt war oder nicht, spiele dabei keine Rolle. Mit dem Nichtfällen derartiger Bäume, in der Anlage würden 16 Stück stehen, würde der Verein dem Vogel- und Naturschutz voll Rechnung tragen.
Mit der Tanne habe die Sache angefangen. "Grund des Ausschlusses ist aber, dass Frau Rüdiger in zunehmenden Maße versuchte, Unfrieden in den Verein zu tragen", sagt Roland Körner, der Vorsitzende des Gartenvereins. Der Verein sei beleidigt und verunglimpft worden. Auf Grundlage des Bundeskleingartengesetzes sei Frau Rüdiger aus dem Verein ausgeschlossen worden. Darin heißt es, so Körner, dass der Verein dazu berechtigt ist, wenn ihm eine Zusammenarbeit mit dem Pächter nicht mehr zuzumuten ist.
Die großen Bäume in der Anlage fällen zu lassen, dazu sei der Verein finanziell gar nicht in Lage, sagt Körner. Das müsse freilich fachgerecht geschehen. Pro Baum würde das bis zu 1 000 Euro kosten. Und die jetzigen Pächter könnten dazu nicht gezwungen werden. Sie selbst hätten diese Tannen ja nicht gepflanzt sondern die Gärten mit den Bäumen bereits übernommen.
Neue Tannen zu pflanzen sei indes nicht erlaubt in der Anlage. Im Vorjahr seien mehrere Pächter, die sich nicht an das Verbot hielten, beauflagt worden diese wieder zu entfernen, was auch geschehen sei.
"Erschüttert" von dem Ausschluss der Frau Rüdiger zeigt sich Armin Matzke, der Geschäftsführer des Kreisverbandes der Gartenfreunde: "Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen." Es stehe eindeutig fest, "Waldbäume sind in Kleingartenanlagen nicht zulässig". Allerdings könne er Frau Rüdiger keinen Beistand leisten, da der Verein "Goldene Aue" in Wallhausen nicht Mitglied im Kreisverband ist. Der Wallhäuser Vorstand hätte nach Matzkes Ansicht auf Frau Rüdiger zugehen und nach einer gütlichen Lösung suchen müssen.
Fast täglich war Frau Rüdiger in ihrem Garten. Damit ist nun notgedrungen Schluss. Sie wolle jetzt ein kleines Stück Garten an ihrem Haus bewirtschaften.