Trockenheit und Hitze Trockenheit und Hitze: Pegel am Stausee sinken - Flüsse trocknen aus

Sangerhausen - Jochen Reiter winkt resigniert ab. „Das war es für dieses Jahr“, sagt der Chef des Segelclubs Kyffhäuser und blickt auf den Stausee in Kelbra. Dessen Wasserstand schickt die Freizeitkapitäne sozusagen aufs Trockene. Denn die Sonne lässt das Wasser verdunsten und den Pegel im Hochwasserrückhaltebecken täglich um einen Zentimeter sinken. Da bleiben mittlerweile die Schwerter der Segelboote im Schlick des Sees stecken.
„Wir können mit unserer Technik auch keine Rettungseinsätze mehr fahren“, macht Reiter deutlich. Für ihn steht fest, noch so ein Jahr und es geht an die Substanz des rund 70 Mitglieder zählenden Klubs. Statt ans Kyffhäusermeer zieht es junge Leute zum Segeln in die alten Braunkohletagebaue nach Leipzig und Mücheln oder nach Seeburg.
Ein Trend, den auch Kelbras Bürgermeister Lothar Bornkessel (Freie Wähler) mit Sorge betrachtet. Denn das Angebot des Segelclubs nutzen auch die Gäste des Campingplatzes am Stausee. Bornkessel sieht die Einnahmen aus den Liegegebühren schwinden und rechnet mit einem Verlust von 3.000 Euro. Zudem machen die Blaualgen am Stausee den Touristikern zu schaffen. „Wir harken jeden Tag den Strand ab, das ist eine Heidenarbeit“, berichtet das Stadtoberhaupt. Schließlich fangen diese an zu stinken. Das Problem kennt auch Burkhard Henning, Chef des Talsperrenbetriebs Sachsen-Anhalt. Dennoch bescheinigt er dem Stausee eine sehr gute Wasserqualität mit hohem Sauerstoffgehalt.
Wasser kann nicht mehr in Stausee eingespeist werden
Das Problem sind trotzdem der fehlende Regen, die anhaltende Hitze und der Zufluss von nur 1,1 Kubikmetern Wasser je Sekunde. Denn gleichzeitig gibt der Stausee doppelt so viel Wasser ab, heißt es im Tagesbericht.
Doch wie Sprecherin Petra Franke vom Magdeburger Umweltministerium betont, erfolge „kein aktives Ablassen der Talsperre“. Denn der Betriebsplan schreibe vor, „dass die Gewässer Helme und Nebenhelme vorrangig mit Wasser versorgt werden“. Deshalb und wegen des geringen Wasseraufkommens könne kein Wasser mehr in den Stausee eingespeist werden.
Die Folge: Durch die hohen Lufttemperaturen erwärme sich das Wasser der Talsperre und liege schon um sieben Grad über der Wassertemperatur in der Helme. Dem Vogelschutz am Stausee komme dies entgegen, so Franke, doch ein Fischsterben durch Sauerstoffmangel könne nicht ausgeschlossen werden.
Und genau das befürchtet Frank Gabriel vom Kreisanglerverein Sangerhausen, der sich außerdem um die Fischbrut, Amphibien und Libellenlarven sorgt. „Da spielt wohl alles andere, was außer den Vögeln zur Natur gehört, keine Rolle mehr“, ärgert er sich. Denn je mehr sich das Wasser erwärmt, sinkt der Sauerstoffgehalt und die Algen wachsen. „Dann verrecken die Fische.“ 25 bis 50 Tonnen Fisch gebe es in der Talsperre. „Wenn die kaputtgehen, bleibt nur noch eine stinkende Brühe übrig.“ Er sei enttäuscht, dass die Stausee-Problematik nicht wie bisher mit allen Beteiligten besprochen wurde.
Längst macht sich die Trockenheit überall bemerkbar. Wie Michaela Heilek von der Kreisverwaltung sagt, seien einige Fließgewässer ausgetrocknet. In Wippra weist der Pegel der Wipper, den Klaus-Dieter Büchner abliest, nur noch einen Wasserstand von einem Zentimeter auf. In Rottleberode haben sich die Angler zur Notabfischung entschlossen: „Wir haben 300 Forellen und Mühlkoppen aus der Thyra geborgen“, schildert Gabriel. Die Fische seien unterhalb des Thyrafuchses eingesetzt worden, in den Unterlauf der Thyra münden mehrere kleine Bäche - noch.
(mz)
