Strukturwandel Strukturwandel: Wer profitiert vom Kohleausstieg?

Sangerhausen - Ob die Nordverlängerung der A71 in Richtung A14, die Ortsumfahrung Mansfeld/Annarode/Siebigerode oder auch der flächendeckende Breitbandausbau bis Ende 2020 im Landkreis: Es finden sich zahlreiche Projekte auf der „Wunschliste“ des Landes, die im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes vom Bund realisiert werden könnten. Doch die Liste erfährt ein geteiltes Echo in der Region, denn nicht alle gewünschten Projekte stehen auch drauf.
Christiane Steinbrück ist Sprecherin einer Bürgerinitiative, die für eine Ortsumgehung von Berga kämpft. Sie zeigte sich am Donnerstag von der Entwicklung enttäuscht.
„Wir hätten uns schon gewünscht, dass wir mit Berücksichtigung in der Liste gefunden hätten,“ sagte sie. Sie kündigte in diesem Zusammenhang an, weitere Aktionen zu starten und am Thema dran zu bleiben.
Ähnlich reagiert Katrin Treppschuh (freie Wählergemeinschaft Berga). Sie hätte sich gewünscht, dass die im Zuge der Baumaßnahme heiß diskutierte Ortsumfahrung von Berga ebenfalls Eingang in die Vorschlagsliste des Landes gefunden hätte.
„Aber mit uns hat man darüber gar nicht gesprochen“, sagte eine enttäuschte Treppschuh. Vielmehr habe das Land eine Ortsumfahrung mit dem Hinweis abgelehnt, die Verkehrsströme reichten nicht aus, um den Neubau auch zu rechtfertigen.
Ausbau der L236 förderbar
Dass es der Ausbau der Landesstraße 236 zwischen Berga und Rottleberode indes in den Kandidatenkreis geschafft hat, begrüßte Treppschuh ausdrücklich. Dieses Projekt hat damit die Chance, ein Stück vom 40 Milliarden Euro schweren Kuchen abzubekommen, den der Bund bis zum Jahr 2038 verteilt, um den Strukturwandel in den Regionen zu unterstützen, die vom Ausstieg aus der Braunkohle betroffen sind.
Zwölf Prozent des Geldes ist dabei für Sachsen-Anhalt vorgesehen. Welche Projekte tatsächlich realisiert werden, entscheidet der Bund.
Während in der Gemeinde Berga der Ausbau der Landesstraße nach Rottleberode begrüßt wird, lehnte Kelbras Bürgermeister Lothar Bornkessel (Freie Wähler Kelbra) ein anderes Projekt in der Goldenen Aue kategorisch ab. Für die erneut ins Auge gefasste Ortsumgehung der Bundesstraße 85 habe man keinen Bedarf.
„Das haben wir im Stadtrat lang und breit diskutiert“, sagte Bornkessel am Donnerstag der MZ. Vielmehr solle der Verkehr weiter durch den Ort fließen, um Gewerbe, Handel, Gastronomie und Hotellerie in der Kyffhäuserstadt am Leben zu halten, begründete der Stadtchef die Haltung.
Allerdings wird von Anwohnern vor allem in den Sommermonaten der starke Verkehr von Bikern kritisiert, die aus allen Teilen Deutschlands und zum Teil aus Europa extra zum Kyffhäuser pilgern, um die kurvenreiche Strecke in dem Gebirge in Angriff zu nehmen.
Das führt immer wieder zu Lärmbelästigungen und Forderungen, dem lautstarken Treiben Einhalt zu gebieten. Gleichwohl ist die Umgehung im Bundesverkehrswegeplan als sogenannter weiterer Bedarf enthalten.
Investitionen erst ab 2030
Im Klartext: Mit dem Vorhaben kann höchstwahrscheinlich erst nach 2030 begonnen werden. Das 38 Millionen Euro teure Projekt für beide Orte war vom Land bereits im Jahr 2003 für den Verkehrswegeplan vorgeschlagen worden. Die Ortsumfahrung wurde damals zwar als besonders dringlich eingestuft, aber trotzdem nicht berücksichtigt.
Stattdessen steckte das Land Millionen Euro in den Ausbau der Kelbraer Ortsdurchfahrt. Vorgesehen ist bisher, die Umgehung östlich von Berga entlang des heutigen Solarparks zu führen und in Richtung Kelbra die Bahnlinie Halle-Kassel zu überqueren. Eine konkrete Planung existiert noch nicht.
Nordverlängerung der A71 ist altes Vorhaben
Auch eine mögliche Nordverlängerung der A71 vom Dreieck Südharz bis zur A14 ist kein neues Projekt. Nur eines, das im Jahr 2016 gewissermaßen schon beerdigt wurde und keinen Platz im Bundesverkehrswegeplan fand.
Damals brachte der Kreistag gar eine Resolution ein, um auf die Notwendigkeit hinzuweisen. Der Landkreis begrüße es, dass neben der A71 auch die Ortsumfahrung Annarode, Siebigerode, Mansfeld beim Bund angemeldet seien, so die stellvertretende Landrätin Christiane Beyer.
„Zum einen kann durch die Nordverlängerung das Wirtschaftswachstum im Landkreis angekurbelt werden. Zum anderen werden die aktuell stark belasteten Ortschaften entlang der B86 und B180 vom Durchgangsverkehr - vor allem Schwerlastverkehr - entlastet“, teilte sie mit. (mz)