Senioren am Wanderstock Senioren am Wanderstock: Alte Herren mit flottem Schritt

Sangerhausen - Fritz Bürger braucht nicht lange zu überlegen. Zum Auftakt ist die Wandergruppe „Mafa“ knapp zehn Kilometer unterwegs gewesen. Zwischen dem Sangerhäuser Ortsteil Wettelrode, dem Bergbaulehrpfad über die Mooskammer bis zum Pfaffenberg und zurück. Das ist mittlerweile 25 Jahre her. Seitdem sind die „Mafianer“, wie sich die ehemaligen Beschäftigen der Maschinenfabrik Sangerhausen scherzhaft nennen, nicht nur rings um Sangerhausen unterwegs, sondern auch weit darüber hinaus.
Jede Wanderung wird dokumentiert
Mehr als 15.000 Kilometer haben die rüstigen Senioren mittlerweile auf Schusters Rappen zurückgelegt. Dass das durchaus auch das Material auf eine harte Probe stellt, das hat ein Wanderfreund in den Alpen leidvoll erfahren müssen. „Bei ihm haben sich beide Schuhe auf einmal aufgelöst, er ist dann auf Strümpfen weitergelaufen“, erzählt Bürger schmunzelnd. Der Sangerhäuser hat jede einzelne Wanderung akribisch in einem Buch dokumentiert. „Vergangene Woche waren wir auf dem Auerberg bei Stolberg“, erzählt der 79-Jährige. Das war der 1068. Trip. Da ein Teil der achtköpfigen Gruppe bereits die 90 Lenze überschritten hat, geht man dann schon mal auf unterschiedlichen Wegen den Berg hinauf zum Josephskreuz. „Entscheidend ist doch, dass wir uns alle oben treffen“, sagt Bürger. Denn meist wird nicht nur Rast und ein Picknick in der freien Natur gemacht, sondern auch schon mal hier und da eingekehrt. „Erst neulich waren wir rund um Bad Sachsa unterwegs und sind anschließend noch Kaffee trinken gegangen“, erzählt Bürger.
Wandern statt Trübsal blasen
Schließlich soll auch die gesellige Seite nicht zu kurz kommen. So werden beispielsweise runde Geburtstage zusammen gefeiert. Einmal im Jahr dürfen auch die Ehefrauen die reine Männerrunde sprengen. „Das ist dann meist zur Weihnachtsfeier“, erzählt der Kreisstädter, der als Meister in der Vorfertigung der Maschinenfabrik Sangerhausen bis zur Insolvenz des Großbetriebes im Jahr 1994 gearbeitet hat. 1.200 Beschäftigte standen aufgrund der Pleite von einem Tag auf den anderen auf der Straße. Bis 1996 wurde ein Teil von ihnen über den zweiten Arbeitsmarkt in der Region beschäftigt. Als auch hier das Ende nahte, gründete Bürger die Wandergruppe. „Wir haben uns gefragt, was wir machen sollen. Da habe ich gesagt, dann gehen wir wandern“, erinnert sich der Senior. Von den zwölf Kollegen aus den Gründertagen sind heute noch acht bei der Stange. Die Gesprächsthemen gehen der Runde nicht aus. Vor allem wenn es um die Entwicklung ihrer Heimatstadt geht, tauscht man sich aus.
So habe sich Sangerhausen in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt und positiv verändert. „Viele der alten Häuser sind liebevoll renoviert worden. Auch die Straßen und Gehwege sind saniert“, findet Bürger. Schade sei dagegen, dass die Stadt oft tot wirke, denn es fehle an jungen Leuten in der Region, bedauert der Chef der Seniorenwandergruppe den Wandel. (mz)