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Schriftsteller macht auch Halt in Sangerhausen Schriftsteller macht auch Halt in Sangerhausen: Engländer radelt im Mifa-Sattel zum Bosporus

Von Lucas Wölbing 19.05.2015, 11:39
Von Norwegen über Deutschland, quer durch Südosteuropa bis in die Türkei: der Engländer Tim Moore und sein Mifa-Rad sind unzertrennlich.
Von Norwegen über Deutschland, quer durch Südosteuropa bis in die Türkei: der Engländer Tim Moore und sein Mifa-Rad sind unzertrennlich. Schumann Lizenz

Sangerhausen - Seit Wochen sitzt Tim Moore fest im Sattel; bereist Europa von Norwegen bis zum Bosporus, immer entlang jener Grenzen, die einst als „Eiserner Vorhang“ bekannt waren. Vier Monate hat der sportliche Brite für diese Tour eingeplant. Vier Monate, in denen er sein Londoner Heim gegen den Staub der Straßen eintauscht. Das geht natürlich nur, wenn man einen Drahtesel hat, auf den man sich verlassen kann, und so ein Rad besitzt Moore. Zufällig kommt es aus der Sangerhäuser Fahrradschmiede Mifa; ist dort um 1990 vom Band gelaufen und hat seitdem schon mehrere Besitzer gehabt.

Zu dem 51-jährigen Engländer ist es zwar erst vor einigen Monaten gekommen, doch in dieser Zeit sind die beiden echte Freunde geworden. Ein Grund mehr für Tim Moore, um auch den Geburtsort seines „Freundes“ zu besuchen. Über den Kurznachrichtendienst Twitter hatte er zuvor Kontakt zu Peter Meyer, dem Social-Media-Beauftragten des Unternehmens, aufgenommen und ein Treffen vereinbart. Die Mifa, das wusste der Brite sofort, ist auf jeden Fall ein Ort, der Geschichten zu erzählen hat. Und auf gute Geschichten kommt es ihm auf seiner Reise an. Schließlich ist Tim Moore Schriftsteller und in seinen Büchern berichtet er von den schönsten Routen Europas. Diesmal hat er sich dafür auf geschichtsträchtige Spuren begeben. War er vor wenigen Tagen noch unterwegs in Coburg, auf den Spuren des britischen Königshauses, so legte er die 200 Kilometer nach Sangerhausen rasch zurück.

Der Autor und Humorist Tim Moore ist auf den britischen Inseln kein Unbekannter. Auf neun Bücher und zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitungen wie „The Sunday Times“ kann er mittlerweile verweisen.

Seine Karriere als Reiseschriftsteller startete der Journalist eher zufällig, als er sich zu einer Reise in die Arktis einschiffte. Sein humorvolles Buch „Frost on my moustache“, auf Deutsch etwa „Frost in meinem Schnurrbart“, wurde schnell zum Verkaufsschlager.

Auf Deutsch wurden bisher drei seiner Bücher veröffentlicht. In „Zwei Esel auf dem Jakobsweg“ berichtet der Engländer beispielsweise von seiner Reise mit einem Maultier durch Spanien. Für „Alpenpässe und Anchovis“ hat Tim Moore im Selbstversuch getestet, wie hart die Strecke der Tour de France wirklich ist.

„Immer auf meinen kleinen Reifen“, sagt der Engländer schmunzelnd. „Das ist einfach am besten.“ Schnell, wie Moore ist, kam er pünktlich am Vorabend seines 51. Geburtstags in der Rosenstadt an, wo ihn gleich am Morgen eine große Überraschung erwartete. „Die Mifa wird auf jeden Fall in meinem Buch erwähnt“, kündigt er bereits an, nachdem er sich die Fabrik genauer angesehen hat. Das ist er seinem treuen Drahtesel auch schuldig. Immerhin hält der seit Norwegen zu ihm. Und bei so viel Liebe zu seinem Rad muss Tim Moore auch das großzügige Angebot von Mifa-Chef Heinrich von Nathusius ausschlagen. Vorerst zumindest.

Sein in die Jahre gekommenes Rad gegen ein neues Modell eintauschen und damit die Reise zu Ende bringen? Auf keinen Fall, sagt der lebenslustige Engländer. „Ich muss doch treu bleiben“, stellt er klar. „Schließlich ist es doch Teil meiner Reiseerfahrung, dass ich die ganze Tour mit dem alten Exemplar zurücklege.“ Das konnte natürlich auch das Mifa-Team verstehen. Doch so ganz auf das seltene Exemplar verzichten wollten die Sangerhäuser am Ende auch nicht. „Eigentlich hat es ja schon Museumswert“, erklärte von Nathusius seinem englischen Gast und so kam es, dass auch der Schriftsteller schließlich einwilligte.

Austausch nach der Reise

Sein Fahrrad wird er noch eine Weile behalten, wenigstens bis er die ersten Buchlesungen hinter sich hat. Dann wird er es aber gern nach Deutschland schicken und im Gegenzug fliegt ein Paket der Mifa über den Kanal nach London.

Bis es soweit ist, hat Tim Moore allerdings noch viel zu tun. Zuallererst muss er seine Tour zu Ende bringen, dann ist da schließlich auch noch ein Buch zu schreiben, zu bearbeiten und zu veröffentlichen. Der Engländer hat sich also viel vorgenommen. Zeit, sich in Sangerhausen und Umgebung umzusehen, bleibt ihm da kaum. Wenigstens einen Abstecher zum Kyffhäuser könnte er ja wagen und dann wären da noch die vielen Schlösser, die er auf fast jeder Bergkuppe bewundern konnte.

Doch Tim Moore muss weiterziehen. Denn die Zeit drängt. Immerhin hat er seine Familie in London zurückgelassen, um allein zu reisen.

„Meine Frau ruft fast täglich an“, verrät er. „Vier Monate sind schließlich eine ziemlich lange Zeit.“ (mz)